Haben
Sie schon einmal einen Roman gelesen, der sich die
FKK-Zone eines Münchner Freibades zum Handlungsort
auserkoren hat? Wenn nicht, sollten Sie dies schnell möglichst
nachholen und sich von Ernst Augustin in seine „Schule
der Nackten“ begleiten lassen.
Erzählt aus der Sicht eines alleinstehenden
Althistorikers und Asienexperten kann dies zu einem
ungeahnten Lesegenuss führen. Eindeutig voyeuristische
Absichten werden, dies sei betont, nicht befriedigt,
doch kann der Leser, so er denn will, einen Blick auf
die verschiedensten Anatomien vor allem der unteren Körperhälfte
riskieren. Wie bereits gesagt, es erzählt ein Mann, was
aber in diesem Falle für weibliche Leser nicht von
Nachteil ist, da er vor allem die Gebaren seiner
Geschlechtsgenossen mit einer gehörigen Portion Ironie
betrachtet. Weiblichen FKK-Anhängerinnen begegnet er,
sofern sie seinen Sinn für Ästhetik nicht verletzen,
ausgenommen taktvoll.
Natürlich entspinnt sich, wie sollte es bei einem
Single und bei so viel nackter Haut anders sein, eine
Liebesgeschichte. Doch nicht die gleichaltrige Schöne,
die ihn über Tage hinweg einen Platz in der
vordersten Zone nahe dem Schwimmbecken freihält, findet
seine Liebe, sondern eine Jüngere, die, als sie
erstmalig in sein Blickfeld tritt, ihn vollkommen
verzaubert.
Nun könnte man meinen, Ernst Augustin bediene all jene
Klischees, die von einem Roman diesen Inhalts erwartet
werden, doch weit gefehlt. Neben einer gehörigen
Portion Menschenkenntnis breitet er vor dem Leser einen
feingeknüpften Teppich geschichtlichen Wissens aus.
Nebenbei erfährt man zudem etwas über diverse Tötungsarten,
die garantiert nicht entdeckt werden und etliche Fakten,
die hinduistische Religion betreffend. Äußerst vergnüglich
lässt der Autor uns Außenstehende in den Mikrokosmos
der FKK-Anhänger blicken und enthüllt so manches
pikante Detail aus dem Leben der hüllenlosen
Sonnenanbeter.
Wenn man erst einmal die erste Scheu mit der Kleidung
abgelegt hat, kann der regelmäßige
Aufenthalt in einem
FKK-Bad sehr interessant und lehrreich sein,
vorausgesetzt, das Wetter
spielt mit.
Torsten Seewitz,
08.08.2005
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