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Alan Bennett
"Handauflegen"
Aus dem Englischen von Ingo Herzke
Wagenbach Berlin 2005
92 S.; 12,90 Euro

Clive Dunlop ist jung gestorben, mit 34 Jahren, um genau zu sein. Und er war, wenn auch nicht bei allen beliebt, so doch sehr bekannt. Jedenfalls so bekannt, dass sich zu seiner Trauerfeier eine illustre Gesellschaft in der Kirche Pater Jolliffes zusammenfand. Was mag wohl ein jeder mit Dunlop verbunden haben? Eine Frage, die sich Treacher, Abgesandter der übergeordneten Kirchenbehörde beim Anblick des bunt gemischten Publikums stellte.
Dass Jolliffe den Verstorbenen sehr persönlich kannte, wusste er, aber was mochten all die anderen Vertreter der beautiful people Londons mit Dunlop verbunden haben. Ein treuer Bettgefährte soll er gewesen sein. Bei Betrachtung des Altersdurchschnitt der Anwesenden fast nicht vorstellbar.
Mit diesen Gedanken führt Alan Bennett den Leser hinein in die skurrile Welt der Schönen und Reichen. Mit bissigem Spott lässt er den Trauergottesdienst für die Anwesenden zu einer Talfahrt der Gefühle werden, denn die genaue Todesursache Dunlops ist keinem so recht bekannt. So bleibt genug Raum für Mutmaßungen, der manchem Trauerden den Angstschweiß auf die Stirn treibt. War er etwa an AIDS gestorben oder war sein Tod Folge einer Verkettung unglücklicher Umstände?
Man merkt diesem Kurzroman an, dass Bennett seine wahre Freude beim Schreiben dieses Verwirrspiels hatte, eine Freude, die sich, auch dank der wortgewandten Übersetzung Ingo Herzkes, ungetrübt beim Lesen des Textes überträgt. Torsten Seewitz, 27.02.2006

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