Clive
Dunlop ist jung gestorben, mit 34 Jahren, um genau zu
sein. Und er war, wenn auch nicht bei allen beliebt, so
doch sehr bekannt. Jedenfalls so bekannt, dass sich zu
seiner Trauerfeier eine illustre Gesellschaft in der
Kirche Pater Jolliffes zusammenfand. Was mag wohl ein
jeder mit Dunlop verbunden haben? Eine Frage, die sich
Treacher, Abgesandter der übergeordneten
Kirchenbehörde beim Anblick des bunt gemischten
Publikums stellte.
Dass Jolliffe den Verstorbenen sehr persönlich kannte,
wusste er, aber was mochten all die anderen Vertreter
der beautiful people Londons mit Dunlop verbunden
haben. Ein treuer Bettgefährte soll er gewesen sein.
Bei Betrachtung des Altersdurchschnitt der Anwesenden
fast nicht vorstellbar.
Mit diesen Gedanken führt Alan Bennett den Leser hinein
in die skurrile Welt der Schönen und Reichen. Mit
bissigem Spott lässt er den Trauergottesdienst für die
Anwesenden zu einer Talfahrt der Gefühle werden, denn
die genaue Todesursache Dunlops ist keinem so recht
bekannt. So bleibt genug Raum für Mutmaßungen, der
manchem Trauerden den Angstschweiß auf die Stirn
treibt. War er etwa an AIDS gestorben oder war sein Tod
Folge einer Verkettung unglücklicher Umstände?
Man merkt diesem Kurzroman an, dass Bennett seine wahre
Freude beim Schreiben dieses Verwirrspiels hatte, eine
Freude, die sich, auch dank der wortgewandten Übersetzung
Ingo Herzkes, ungetrübt beim Lesen des Textes überträgt.
Torsten Seewitz, 27.02.2006 |