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Truman Capote
"Sommerdiebe"
Aus dem Amerikanischen von Heidi Zerning
Kein & Aber Zürich 2006
145 S., 16,90 Euro

Merkwürdig und denkwürdig zugleich präsentiert sich der Umstand der Veröffentlichung des im wörtlichen Sinn ersten und letzten Buches von Truman Capote. Es gelingt nicht jedem Schriftsteller sein Werk posthum mit einem literarischen Debüt abzuschließen. So war es wohl auch nicht ein von langer Hand geplanter Coup des Autors, der zu diesem Umstand führte, sondern die späte Entdeckung eines in einem Pappkarton verdammten Manuskripts. Verdammt deshalb, weil Capote daran „irgendwas störte“, er ihn als „dünn, clever und unempfunden“ ansah und um 1950 die Hausverwaltung beauftragte seine Wohnung samt „Sommerdiebe“ - Karton zu räumen und an die Straße zu stellen. Doch das Manuskript landete nicht bei der Müllabfuhr, sondern (Jahre später) bei Sotheby's.
Zum Inhalt: Eine Europareise, wie jedes Jahr, und dann die Einführung in die Gesellschaft, so ist der Plan, so soll es nach dem Willen der Mutter geschehen. Doch die 17jährige Grady will ihren Sommer in New York – und bekommt ihn auch. Die Familie in einem Dampfer auf dem Weg nach Europa, Grady allein zu Haus in der Fifth Avenue. Es ist heiß und aus jeder Pore der Stadt wabert das Leben. Sie verliebt sich, unstandesgemäß freilich, in den jüdischen Parkplatzwächter Clyde. Gemeinsam mit seinen Freunden ziehen sie durch die Straßen des Unbekannten zwischen Sonnen- und Neonlicht auf dem Weg das Neue möglich zu machen. Doch mit jedem leidenschaftlichen Querfeldein entfernt sich Grady immer mehr von ihrem bisherigen Leben und von sich selbst. Oder ist das ihr Weg zu sich?
Die Geschichte von Grady und Clyde könnte in den sanften Hügeln Cornwalls spielen, wäre sie um ein paar kräftige Zutaten romantischer. Aber auch in einen öffentlich-rechtlichen Vorabend will sie nicht recht passen, zu böse, zu dramatisch. Es scheint somit als sei das Buch auch noch zur verstaubten Existenz im heimischen Bücherregal verdammt. Verdammt, wie in jenem vergessenen Pappkarton - wären da nicht, vereinzelt, diese wunderbar, unglaublich guten Sätze. Sie sind eine wohldosierte Note Capote-Chili, die, trotz der flachen Story, das Buch schließlich doch lesenswert machen. Thorsten Ukena, 06.08.2006

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