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Warwick Collins
"Herren"

Aus dem Englischen von Thomas Mohr
Verlag A. Kunstmann München 2001
139 Seiten, 14,00 Euro

Zugegeben, ein wenig ungewöhnlich erscheint der Schauplatz dieses kleinen Romans - eine öffentliche Herrentoilette inmitten der Londoner City. Der englische Autor Warwick Collins, studierter Biologe, gewährt dem Leser Einblicke in eine ihm sonst verborgene Welt, in der Anonymität oberste Priorität besitzt. Auf äußerst witzige und unterhaltsame Weise erzählt er vom Alltag drei Jamaicaner, die über Ordnung und Sauberkeit an diesem stillen Ort wachen.
Reynolds und Jason sind bereits einige Jahre im Geschäft und betrachten die Absonderlichkeiten dieser Welt mit abgeklärtem Blick. Doch Ez, der Neue, stürzt sich voller Tatendrang an die Arbeit, wischt die Fußböden, wechselt Urinsteine und macht so nebenbei seine Beobachtungen. Zuerst glaubt er einen Scherz, als er erst einen, dann einen weiteren Mann in einer Kabine verschwinden
sieht. Völlig irritiert berichtet er seinen Kollegen von seiner Beobachtung, die seinen Schilderungen belustigt lauschen.
"Die gehen hier aus und ein", sagt Jason. "Wer?", fragte Ez. "Aus und ein.", wiederholte Reynolds. "Die Reptilien." Reptilien nennen sie die Herren in den grauen Anzügen, die in den Geschäftspausen ihrer Büros in den Kabinen zu zweit oder zu dritt verschwinden und nach gewisser Zeit hastig den Ort des Geschehens wieder verlassen.
Man könnte diese ja tolerieren, wenn da nicht Mrs. Steerhouse von der städtischen Behörde wäre, die fordert, dass die "Reptilien" verschwinden sollen. Damit beginnen die Probleme und die Schließung des stillen Örtchens droht.
Wie Reynolds, Jason und Ez angestrengt versuchen, diese missliche Situation in den Griff zu bekommen, schildert Collins auf äußerst amüsante Weise. Doch spiegelt die Geschichte auch das Zusammentreffen verschiedener Kulturen in einer Gesellschaft wider, in der der einzelne Mensch zum Störfaktor wird, steht er ökonomischen Zwängen im Wege.
Somit ist "Herren" neben aller Komik ein kurzweiliger Roman, angereichert mit einer Prise Gesellschaftskritik und einem kleinen Einblick in jamaikanische Lebenskultur. 
© Torsten Seewitz, 20.04.2001

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