Irina
Denežkinas teilweise autobiografische Erzählungen
erinnern an Benjamin Leberts „Crazy“: Beide
fokussieren auf Jugendliche an der Schwelle zum
Erwachsensein; beide kreieren ihre Stimmung durch knappe
Sätze und eine authentische
Sprache. Doch während in „Crazy“ der
Hauptschauplatz ein behütetes Internat war, spielt Denežkinas
Debüt im elternlosen St. Petersburg, in dem die
Jugendlichen ständig Bier und Wodka trinken
und jeder mit jedem vögelt. Denežkinas Geschichten
oszillieren zwischen Gewalt, Untreue, Ignoranz und
Einsamkeit – letztere ist der wahre Antrieb für die
Jugendlichen: Denn auch wenn sie alle eine „Mir alles
egal“ - Haltung vortäuschen, so ist es doch genau
diese Einsamkeit, die sie immer wieder aufeinander zu
treiben und es miteinander treiben lässt. Für Hoffnung
ist in dieser Welt jedoch kein Platz und wenn tatsächlich
einmal Liebe im Spiel ist, dann werden die Beteiligten
nur noch mehr enttäuscht. Man muss dieses vom Saufen
und Sex bestimmte Leben nicht mögen – Denežkinas
Geschick, trotz scheinbar oberflächlicher
Charakterzeichnung einfühlsame Einblicke ins Innerste
zu gewähren, und ein jugendliches Lebensgefühl so
treffend wiederzugeben aber schon.
Aliki Nassoufis
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