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Ha Jin
"Im Teich"
Aus dem Englischen von Susanne Hornfeck
DTV München 2001
178 Seiten, 12,00 €

Bereits im vergangenen Jahr veröffentlichte der Deutschen Taschenbuchverlag den mit dem National Book Award und PEN/Faulkner Ward ausgezeichneten Roman „Warten“ des amerikanisch-chinesischen Autos Ha Jin in einer deutschen Erstausgabe. Vor wenigen Wochen erschien nun ein früheres Werk des Autors mit dem Titel „Im Teich“, eine bissige Satire auf die politischen Zustände im  kommunistischen China.
Ha Jin erzählt die Geschichte des kleinen unbedeutenden Arbeiters Shao Bin, der mit seiner Frau und seiner kleinen Tochter unter armseligen Verhältnissen in einem Zimmer hausen muss, während es sich die Partei- und Betriebsoberen im geräumigen Wohnungen bequem machen.
Als Bin bei der Wohnungsvergabe wiederholt nicht berücksichtigt wurde, besinnt er sich seiner künstlerischen Fähigkeiten und prangert mit einer Karikatur die korrupten Betriebs- und Parteifunktionäre in der regionalen Zeitung an. Was bei seinen Kollegen allgemeine Erheiterung und Anerkennung für den Mut Shao Bins hervorrief, ließ die Oberen ob dieser öffentlichen Anklage erzürnen.
Ein ungleicher Machtkampf beginnt, doch lässt sich Bin von den Drohgebaren der Parteifunktionäre nicht einschüchtern. Im Gegenteil, denn ihre Wut und Engstirnigkeit  spornen ihn zu weiterer Kritik und Anprangerung der Missstände in der Düngefabrik „Ernteglück“ an.  Eine neue Karikatur schickte er dieses Mal an eine überregionale Zeitung, die diese wider Erwarten auch prompt veröffentlichte.
Die Wellen schlagen immer höher und der Streit scheint zu eskalieren.  Doch Bin lässt sich nicht einschüchtern, und obgleich seine Vorgesetzten keine Gelegenheit auslassen, ihn als Geisteskranken hinzustellen, findet seine Geschichte immer mehr Zuhörer. Letzten Endes bekunden sogar Journalisten aus der weit entfernten Hauptstadt Beijing ihr Interesse, Shao Bin in seinem Kampf gegen die korrupten Beamten in der Provinz  zu unterstützen.
Es ist ein besonderes Vergnügen, diese Geschichte des Shao Bin zu lesen, der es allein mit Kreativität und Mut vermag, die selbstherrliche Welt seiner Vorgesetzten zum Wanken zu bringen.
Mit seinem Roman „Im Teich“ zeichnet Ha Jin ein genaues Abbild der spätkommunistischen Gesellschaft Chinas mit all ihrer selbstherrlichen und verbrecherischen Auswüchsen. Und vielleicht nimmt gerade die satirische Überzeichnung der Charaktere etwas von ihrem realen Schrecken.
©Torsten Seewitz,
19.11.2001  

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