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Robert Haasnoot
„Steinkind“
Aus dem Niederländischen von Christiane Kuby
Berlin Verlag Berlin 2005
159 S.; 18,00 Euro

Ein kleiner Ort an der niederländischen Küste, abends. Der fünfzehnjährige Wouter liegt wach in seinem Bett. Von unten aus dem Haus dringt undeutlich das verliebte Lachen seiner Eltern. Neugierig verfolgt er jeden ihrer Laute, die plötzlich deutlicher werden und aus dem Vorgarten in sein Zimmer dringen. Ein vorsichtiger Blick aus dem Fenster lässt ihn seine Eltern erblicken wie sie engumschlungen in Richtung Strand gehen. In seinen Gedanken verfolgt er sie, mit eifersüchtigem Blick auf seinen Vater.
Am nächsten Morgen wird Wouter von seinem Bruder Stijn geweckt. Die Eltern sind noch nicht zurück, die Küche ist nicht aufgeräumt und die Betten im Schlafzimmer unberührt.
Arglos denkt Wout, dass seine Mutter wohl in der Galerie des Vaters aushelfen werde und es nicht geschafft hat, ihnen vorher Frühstück zu machen. Und schließlich hat er Ferien und alle Zeit der Welt.
Als die Eltern weder in der Galerie noch bei Freunden oder Verwandten anzutreffen sind, beschließen die Brüder die Polizei zu benachrichtigen. Tage später wird die Leiche des Vaters am Strand angespült, die der Mutter bleibt verschwunden.
Soweit der Anfang des nach „Wahnsee“ (2001) zweiten ins Deutsche übertragenen Romans von Robert Haasnoot.
Äußerst feinfühlig erzählt, lässt er den Leser eintauchen in die Gedanken- und Phantasiewelt  des Jugendlichen Wouter, der versucht, das Geschehene zu verstehen und seine Trauer zu verarbeiten. Immer wieder taucht die Mutter in seinen Tagträumen auf und gibt ihm zu verstehen, dass sie noch am Leben sei.
Es ist beklemmend, diesen Einbildungen Wouts zu folgen, der sich tiefer und tiefer in seine eigene Welt flüchtet. Es ist aber auch spannend, denn neben den Erklärungsversuchen des Jungen tauchen Hinweise auf, die daraufhin deuten, dass der Vater in kriminelle Geschäfte verstrickt war.
Eine Auflösung der Geschichte, so viel sei erwähnt, wird es nicht geben. Vielmehr bleibt diese dem Einfallsreichtum des Lesers überlassen. Vielleicht die einzige Schwachstelle, des ansonsten souverän erzählten Romans. Torsten Seewitz, 14.03.2005

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