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Daniel Kehlmann
"Die Vermessung der Welt"
Rowohlt Reinbek 2005
302 S.; 19,90 Euro

Der Erfolg des Autors Daniel Kehlmann entwickelt sich allmählich. Zum Glück, möchte man sagen, denn kein auflagenschwerer Erstling blockierte seinen Aufstieg und setzte die Erwartungen an Folgendes so hoch, dass der Autor daran hätte zerbrechen können.
In aller Ruhe hat Kehlmann in jährlichem Abstand mittlerweile vier Romane, einen Erzählungsband und eine Novelle veröffentlicht. Dies ist um so beachtlicher, bedenkt man sein Alter von gerade einmal 30 Jahren.
Nun, nach einem Wechsel vom Suhrkamp zum Rowohlt Verlag, legt Daniel Kehlmann seinen neuesten Roman mit dem Titel "Die Vermessung der Welt" vor. Er erzählt darin die Geschichte zweier bedeutender deutscher Wissenschafter; die des kauzigen und menschenscheuen Mathematikers Carl Friedrich Gauß und die des besessenen Forschungsreisenden Alexander von Humboldt. In ihren Lebensentwürfen konnten sie nicht entfernter sein, doch einte sie der Drang, Neuland zu erobern
Sicherlich hätte Kehlmann eine spannenden historischen Roman schreiben können oder eine Doppelbiographie, doch er verknüpft beide Genre derart gekonnt, dass es eine Freude ist, in die Leben von Gauß und Humboldt einzutauchen. Es ist nicht nur die feine Ironie, die den Roman durchzieht, sondern vor allem auch die beeindruckende Verknüpfung von Fakten und Fiktion.
Dies könnte ein Risiko sein, denn vor allem Leser mit fundierten Geschichts- und Biographiekenntnissen könnten der Fiktion bald überdrüssig sein, doch Kehlmann weiß zum Teil so detailversessen von seinen Helden zu erzählen, dass es bald egal zu sein scheint, ob sich das Berichtete tatsächlich so abgespielt haben mag.
Mit Sicherheit kann sowieso kein Autor für sich in Anspruch nehmen historisch genau zu erzählen, denn unsicher wird die ganze Angelegenheit für ihn immer dann, wenn er sich auf Quellen verlassen muss. Und dies ist immer der Fall, wenn die Reise in die Vergangenheit geht.
Da Daniel Kehlmann sich dessen bewusst ist, begibt man sich als Leser gern in seine Geschichte und begleitet bereitwillig Herrn Gauß auf seine beschwerliche Reise nach Berlin und folgt Alexander von Humboldt in unwirtliche Gegenden Südamerikas. Beide Helden haben jeder auf seine Art die Welt vermessen, Gauß mathematisch als Landvermesser und Humboldt als akribischer Naturforscher. Beide haben mit ihren Forschungen Großartiges geleistet, doch lebten sie zu einer Zeit, die von Kriegen durchzogen, die Dimension ihrer Erkenntnisse nicht abzuschätzen vermochte.
Dass historische Romane auch denjenigen gefallen können, die beim Lesen eher Gegenwartsstoffe bevorzugen, beweist Daniel Kehlmann mit dem Erfolg seines jüngsten Roman auf das vortrefflichste.
So bleibt nur, diesem Buch noch mehr Leser zu wünschen und sich auf die nächste Veröffentlichung des Autors zu freuen. Torsten Seewitz, 20.11.2005

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