Zur Startseite

A.L. Kennedy
"Einladung zum Tanz"

Aus dem Englischen von Ingrid von Rosenberg und Gerd Stratmann
Steidl Göttingen 2001
311 Seiten, € 19,50

Mit „Einladung zum Tanz“ hat der Steidl-Verlag A.L. Kennedys 1993 erschienenes und hochgelobtes Debüt veröffentlicht. Wie in ihren späteren Romanen, zeigt sich bereits in diesem frühen Werk die besondere Gabe der Autorin, das tragikomische Moment zwischenmenschlicher Beziehungen feinfühlig herauszuarbeiten. War es in „Gleißendes Glück“ Helen Brindle, die ihre Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit erfüllt sehen wollte, so erzählt A.L. Kennedy ihre Geschichte wiederum aus der Perspektive einer Frau, die ihren Platz im Leben sucht.
Für Margaret Hamilton gerät eine Zugfahrt von Glasgow nach London zu einer Reise in die Vergangenheit. In Erinnerungen und Tagträumen lässt sie ihr Leben Revue passieren: ihre Kindheit mit dem alleinerziehenden und verehrten Vater, ihre Beziehung zu Colin, dem Verlobten, ihre Arbeit in einem Glasgower Gemeinschaftszentrum, die sie erst kürzlich verlor, weil sie den sexuellen Annäherungsversuchen ihres Chefs widerstand.
Selbst Halt im Leben suchend, ging Margaret in ihrer Arbeit auf und ließ nichts unversucht, um wenigstens den Jugendlichen eine Perspektive zu geben. Voller Wehmut denkt sie zurück an die glückliche Zeit mit ihrem Vater, dessen Geruch sie noch lebhaft erinnert. Seit seinem Tod schien ihr Leben haltlos zu sein, denn auch ihre Liebe zu Colin ließ sie nicht glücklich werden. Zu groß ist die Angst vor Verlust und den Schmerz der Trennung.
A.L. Kennedys Protagonisten stehen häufig am Rand der Gesellschaft, doch nicht weil sie versagt haben. Sie alle haben Fehler und Schwächen, suchen Schutz vor der Härte des Alltags und vor allem menschliche Wärme und Zuneigung, Eigenschaften, die sie angreifbar und verletzlich machen.
Die Bilder in "Einladung zum Tanz" strahlen zudem wenig Harmonie aus. Momente kleinsten Glücks können unvermittelt in ein Gewitter aus Emotionen umschlagen. Doch dies ist das Typische und zugleich Faszinierende an den Romanen A.L. Kennedys, dass man sich auch als Leser nicht in Sicherheit wiegen, sondern unvermittelt in ein Gefühlschaos stürzen kann.© Torsten Seewitz, 27.01.2002
 

Buch bei amazon.de bestellen

Kommentar schreiben Kritik ausdrucken

WEITERE BUCHTIPPS FINDEN SIE UNTER BÜCHERBORD - DAS ARCHIV