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Menis Koumandareas
"Der schöne Hauptmann"

Frankfurter Verlagsanstalt 2001
240 Seiten, 19,50 €

Nach bekannten griechischen Schriftstellern und Romanen befragt, fällt einem meist, und dies auch nur zögerlich, der bekannteste Autor Kazantzkakis und sein Roman "Alexis Sorbas" ein. Vor allem durch die Verfilmung mit Anthony Quinn bekannt, werden die wenigsten die literarische Vorlage kennen. Insofern war der Landesschwerpunkt der diesjährigen Frankfurter Buchmesse eine gute Gelegenheit, sich von der Vielfalt der griechischen Literatur zu überzeugen und neue Autoren kennen zu lernen.
Wie zum Beispiel Menis Koumandareas, dem für sein Roman "Der schöne Hauptmann" der diesjährig zum ersten Mal vom National Book Centre of Greece initiierte "BLUE BOOK Preis" verliehen wurde.
Koumandareas erzählt die Geschichte eines Jahre währenden Rechtsstreites aus der Perspektive eines älteren Richters, vor dem Hintergrund der bewegten Geschichte Griechenlands in den 1960er Jahren.
Kläger ist ein junger Offizier, dem die Beförderung aus nicht plausiblen Gründen verweigert wird. Bereits nach der ersten Begegnung entwickelt sich zwischen den beiden so verschiedenen Männern, eine von gegenseitiger Faszination getragene Beziehung. Doch erhält diese Beziehung Risse und wendet sich letzten Endes ins Dramatische, als der Offizier den Rechtstreit zwar gewinnt, ihm jedoch der Aufstieg zu höheren militärischen Dienstgraden weiterhin verweigert wird. Wieder und wieder klagt dieser und alle Prozesse enden mit dem bekannten Urteil und den ausbleibenden Folgen.
Anfänglich selbstbewusst und elegant auftretend zermürbt dieser über Jahre andauernde Kampf den einst schönen und vitalen jungen Mann, während der ältere Richter im Verwaltungsgericht befördert wird.
Koumandareas nutzt das gestalterische Mittel der Rahmenhandlung, indem er die Geschichte aus der Perspektive des sich erinnernden und inzwischen pensionierten Richters erzählt. Auch Jahre nach diesen dramatischen Ereignissen zeigt sich der alternde Mann sichtlich bewegt und lässt sich noch immer von der damaligen Schönheit des jungen Offiziers gefangen nehmen.
Vor dem historischen Hintergrund des Romans betrachtet, der Zeit der Militärdiktatur in Griechenland, gewinnt die Geschichte eine weitere tragische Dimension. Während der Hauptmann klagt, ändert sich die politische Situation und auch der Einfluss des Militärs. Doch dieser unheilvolle Wechsel wird von ihm nicht wahrgenommen. So opfert der jungen Offizier die schönste Zeit seines Lebens, seine Jugend, einem Staat, dem weder Interesse an seiner Person noch an seinem Dienst im Militär zeigt.
Es ist vor allem die äußerst genaue Beobachtung und nuancierte Zeichnung seiner Charaktere, die den Reiz dieses Romans ausmachen. Koumandareas versteht es auf besonders subtile Weise, von der Vergänglichkeit der Schönheit und der Kostbarkeit der Lebenszeit zu erzählen. Man darf somit auf weitere Veröffentlichungen des Autors gespannt sein. ©Torsten Seewitz, 04.11.2001

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