Nach bekannten griechischen Schriftstellern
und Romanen befragt, fällt einem meist, und dies auch nur zögerlich, der
bekannteste Autor Kazantzkakis und sein Roman "Alexis Sorbas"
ein. Vor allem durch die Verfilmung mit Anthony Quinn bekannt, werden die
wenigsten die literarische Vorlage kennen. Insofern war der
Landesschwerpunkt der diesjährigen Frankfurter Buchmesse eine gute
Gelegenheit, sich von der Vielfalt der griechischen Literatur zu
überzeugen und neue Autoren kennen zu lernen.
Wie zum Beispiel Menis Koumandareas, dem für sein Roman "Der schöne
Hauptmann" der diesjährig zum ersten Mal vom National Book Centre of
Greece initiierte "BLUE BOOK Preis" verliehen wurde.
Koumandareas erzählt die Geschichte
eines Jahre währenden Rechtsstreites aus der Perspektive eines älteren
Richters, vor dem Hintergrund der bewegten Geschichte Griechenlands in den
1960er Jahren.
Kläger ist ein junger Offizier, dem
die Beförderung aus nicht plausiblen Gründen verweigert wird. Bereits
nach der ersten Begegnung entwickelt sich zwischen den beiden so
verschiedenen Männern, eine von gegenseitiger Faszination getragene
Beziehung. Doch erhält diese Beziehung Risse und wendet sich letzten
Endes ins Dramatische, als der Offizier den Rechtstreit zwar gewinnt, ihm
jedoch der Aufstieg zu höheren militärischen Dienstgraden weiterhin
verweigert wird. Wieder und wieder klagt dieser und alle Prozesse enden
mit dem bekannten Urteil und den ausbleibenden Folgen.
Anfänglich selbstbewusst und elegant auftretend zermürbt dieser über
Jahre andauernde Kampf den einst schönen und vitalen jungen Mann,
während der ältere Richter im Verwaltungsgericht befördert wird.
Koumandareas nutzt das gestalterische
Mittel der Rahmenhandlung, indem er die Geschichte aus der Perspektive des
sich erinnernden und inzwischen pensionierten Richters erzählt. Auch
Jahre nach diesen dramatischen Ereignissen zeigt sich der alternde Mann
sichtlich bewegt und lässt sich noch immer von der damaligen Schönheit
des jungen Offiziers gefangen nehmen.
Vor dem historischen Hintergrund des Romans betrachtet, der Zeit der
Militärdiktatur in Griechenland, gewinnt die Geschichte eine weitere
tragische Dimension. Während der Hauptmann klagt, ändert sich die
politische Situation und auch der Einfluss des Militärs. Doch dieser
unheilvolle Wechsel wird von ihm nicht wahrgenommen. So opfert der jungen
Offizier die schönste Zeit seines Lebens, seine Jugend, einem Staat, dem
weder Interesse an seiner Person noch an seinem Dienst im Militär zeigt.
Es ist vor allem die äußerst genaue Beobachtung und nuancierte Zeichnung
seiner Charaktere, die den Reiz dieses Romans ausmachen. Koumandareas
versteht es auf besonders subtile Weise, von der Vergänglichkeit der
Schönheit und der Kostbarkeit der Lebenszeit zu erzählen. Man darf somit
auf weitere Veröffentlichungen des Autors gespannt sein. ©Torsten
Seewitz, 04.11.2001 |