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Margriet de Moor
"Kreutzersonate"
Aus dem Niederländischen von Helga von Beuningen
Hanser Verlag München 2002
144 S.; 15,90 Euro

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Als der junge Ich-Erzähler den blinden Musikkritiker Marius van Vlooten am Abfertigungsschalter des Flughafens Schiphol wiedertrifft, zögerte er einen Moment, ihn anzusprechen. Er hatte ihn als sehr ungehalten in Erinnerung, was er auf eine Jugendtorheit van Vlootens zurückführte, als dieser sich aus Liebeskummer eine Kugel in den Kopf schoss, wie durch ein Wunder überlebte, jedoch sein Augenlicht verlor.
Wider Erwarten erinnerte sich der alte Kritiker an ihn, hatten sie damals vor zehn Jahren mehrere Tage in Bordeaux während eines Meisterkurses zusammen verbracht. 
Seinerzeit hatte der Ich-Erzähler van Vlooten die junge Geigerin mit Namen Suzanna Flier bekannt gemacht und äußerst lebendig beschrieben, dass dessen Gedanken nicht mehr von ihr lassen konnten. Als der Kritiker sie dann die erste Geige in Janáceks "Kreutzersonate" spielen hört, war es um ihn geschehen. 
Die Anziehung schien gegenseitig zu sein, denn sehr bald entwickelte sich aus banalen Gesprächen und vorsichtiger Annäherung eine tiefe Zuneigung. 
Nach Ende des Meisterkurses verlor der Ich-Erzähler van Vlooten und seine junge Geliebte aus den Augen, bis er ihm an jenem Tag in Schiphol wiederbegegnete und während sie auf ihren Flug nach Salzburg warteten, die Geschichte einer tragischen Liebe zu hören bekam.
Margriet de Moor variiert in ihrem jüngsten Roman kunstvoll das uralte literarische Motiv von Liebe und der zerstörerischen Kraft der Eifersucht, die zwei Menschen aneinander verzweifeln lässt. In der ihr eigenen gefühlvollen Weise spürt sie den verschlungenen Pfaden der Liebe nach, um so dem Leser ein detailliertes Gefühlspanorama ihrer Protagonisten zu vermitteln. 
Äußerst gelungen verwebt sie das Grundthema aus Tolstois Novelle "Kreutzersonate" mit dem musikalischen Vorbild, Beethovens "Kreutzersonate" und der späteren Interpretation durch den tschechischen Komponisten Janácek miteinander und schafft so das stimmungsvolle Bild einer unglückliches Liebesbeziehung, die durch krankhafte Eifersucht einem verhängnisvollen Ende zustrebt. 
Schade, dass der Roman nicht ohne einige erzählerische Längen auskommt, doch werden diese durch dessen bewundernswerte Komposition wettgemacht.  
Es ist erstaunlich, wie Margriet de Moor es gelingt, ihre Inspiration durch Janáceks Streichquartett derart stimmungsvoll literarisch umzusetzen, dass man stellenweise die Kraft der Musik zu spüren glaubt. ©Torsten Seewitz, 29.01.2003

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