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Eric Orsenna
"Inselsommer"

Hanser München 2000
160S., 14,90 €

„Lieber Gott, befreie uns von den lebenden Autoren!" Der Wunsch eines Wahnsinnigen? Sie können beruhigt sein, es handelt sich hierbei nur um den Ausruf eines verzweifelten Übersetzers. Er heißt übrigens Gilles, hat die Fünfzig bereits überschritten und ist im ganzen eine wunderliche Erscheinung. Nach dem Tod seines Freundes Jean Cocteau, trieb ihn die Traurigkeit aus Paris und auf die Suche nach einem neuen Wohnsitz.
Nach langem Umherirren ward eine traumhafte Insel gefunden, „ein Stück Sardinien im Ärmelkanal", deren idyllische Natur, seinen neuen Bewohner aus dem Stimmungstief befreien sollte.
Mit viel Witz und Ironie erzählt Erik Orsenna die nun folgende, wahre Geschichte des Übersetzers Gilles, der wider besseres Wissen den Auftrag angenommen hatte, Nabokovs Roman „Ada oder Das Verlangen" ins Französische zu übertragen. Für einen gestandenen Mann mit jahrelanger Berufserfahrung kein Problem– so sollte man meinen. Doch weit gefehlt. Gilles, mittlerweile Herr über 47 Katzen, hat sich heimatlich auf der Insel eingerichtet, von Wehmut und Lethargie keine Spur. Er ist es leid, einem Seeräuber gleich, ein „Buch zu kapern", die gesamte Sprache auszuwechseln und es dann Französisch zu taufen.
Jahre vergehen und Gilles hat noch keine Zeile des Nabokovschen Werkes übersetzt. Wen wundert es, glaubt man den von Orsenna eingeschobenen Zitaten aus Nabokovs Briefen, die jede den Autor zufriedenstellende Übersetzung unmöglich erscheinen lassen.
Dennoch wird der Zustand der Untätigkeit immer prekäre. Die Briefe seines Verlegers erreichen ihn in immer kürzeren Abständen und als sich ein Verlagsvertreter ansagt, scheint alles zu spät.
In einer einzigartigen, grotesk wirkenden Aktion werden alles des Englischen mächtigen Bewohner und Gäste der Insel mobilisiert, das Manuskript zu übersetzen. Schier unglaublich scheint dieses Unterfangen und bis zur letzten Minute muß der Leser um den Erfolg des Vorhabens bangen. © Torsten Seewitz,16.05.2000

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