Bereits als kleiner Junge haben Clowns bei ihm nur Kummer
ausgelöst, er konnte nicht über sie lachen, sondern
wurde im Gegenteil, nur wütend. Ja, er hat sie gehasst, diese
"zusammengeflickten Männer mit ihren aufgerissenen,
bleiweiß geschminkten Augen", mehr noch als Lebertran
oder Küsse.
Sein Vater war solch ein Mann, der keine Gelegenheit ausließ,
sich als Hanswurst zu verkleiden, um andere zu erheitern. Er
verstand seinen Vater nicht.
Als er älter wurde hat nicht sein Vater, sondern dessen
Cousin ihn über die wahren Beweggründe aufgeklärt, die ihn
veranlassten, keine Gelegenheit auszulassen, sich dem Spott
der Menschen hinzugeben. Die Geschichte, die er nach einem
Kinobesuch von Bernhard Wickis "Die Brücke" zu
hören bekam, reicht zurück in die letzten Jahre des 2.
Weltkrieges. Sein Vater und dessen Cousin wurden von den
deutschen Besatzern unter dem Verdacht der Sabotage verhaftet
und tagelang in einer großen Grube gefangengehalten. Einzig
ein junger deutscher Soldat, der abkommandiert worden war, die Gefangenen zu bewachen,
zeigte Mitgefühl und versuchte sie trotz ihrer schwierigen
Lage zu erheitern und mit Essbarem zu versorgen. Ein Wunder in
Zeiten des Krieges, in denen der Tod zu nah war.
Betroffen lauscht der Sohn der unglaublichen Geschichte und
allmählich weicht der Groll auf den Vater einem tiefen
Verständnis. Doch weshalb sprach niemand früher mit ihm
darüber? Nicht, dass die Auftritte des Vaters an Peinlichkeit
verloren hätten, doch hätte er sich gewünscht, das
Verhalten seines Vaters früher verstehen zu können.
Die Geschichte, die Michel Quint hier erzählt, besticht
weniger durch stilistische Meisterschaft, vielmehr berührt
sie durch das hier Erzählte. Eine literarische Miniatur über
Mitgefühl und menschliche Wärme in barbarischen Zeiten.
Seinem Vater zu Ehren beschließt der Sohn letztendlich,
dessen Vermächtnis zu bewahren, in Erinnerung an all die
mutigen Menschen, die unschuldig ihr Leben lassen mussten und
an ein besondere Person, die des jungen Soldaten. Bernhard
Wicki war sein Name. ©Torsten Seewitz, 27.05.2002 |