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Michel Quint
"Die schrecklichen Gärten"
Aus dem Französischen von Elisabeth Edl
btb München 2002
92 S., 15,00 Euro 

Bereits als kleiner Junge haben Clowns bei ihm nur Kummer ausgelöst, er konnte nicht über  sie lachen, sondern wurde im Gegenteil, nur wütend. Ja, er hat sie gehasst, diese "zusammengeflickten Männer mit ihren aufgerissenen, bleiweiß geschminkten Augen", mehr noch als Lebertran oder Küsse.
Sein Vater war solch ein Mann, der keine Gelegenheit ausließ, sich als Hanswurst zu verkleiden, um andere zu erheitern. Er verstand seinen Vater nicht. 
Als er älter wurde hat nicht sein Vater, sondern dessen Cousin ihn über die wahren Beweggründe aufgeklärt, die ihn veranlassten, keine Gelegenheit auszulassen, sich dem Spott der Menschen hinzugeben. Die Geschichte, die er nach einem Kinobesuch von Bernhard Wickis "Die Brücke" zu hören bekam, reicht zurück in die letzten Jahre des 2. Weltkrieges. Sein Vater und dessen Cousin wurden von den deutschen Besatzern unter dem Verdacht der Sabotage verhaftet und tagelang in einer großen Grube gefangengehalten. Einzig ein junger deutscher Soldat, der abkommandiert worden war, die Gefangenen zu bewachen, zeigte Mitgefühl und versuchte sie trotz ihrer schwierigen Lage zu erheitern und mit Essbarem zu versorgen. Ein Wunder in Zeiten des Krieges, in denen der Tod zu nah war. 
Betroffen lauscht der Sohn der unglaublichen Geschichte und allmählich weicht der Groll auf den Vater einem tiefen Verständnis. Doch weshalb sprach niemand früher mit ihm darüber? Nicht, dass die Auftritte des Vaters an Peinlichkeit verloren hätten, doch hätte er sich gewünscht, das Verhalten seines Vaters früher verstehen zu können.
Die Geschichte, die Michel Quint hier erzählt, besticht weniger durch stilistische Meisterschaft, vielmehr berührt sie durch das hier Erzählte. Eine literarische Miniatur über Mitgefühl und menschliche Wärme in barbarischen Zeiten.
Seinem Vater zu Ehren beschließt der Sohn letztendlich, dessen Vermächtnis zu bewahren, in Erinnerung an all die mutigen Menschen, die unschuldig ihr Leben lassen mussten und an ein besondere Person, die des jungen Soldaten. Bernhard Wicki war sein Name. ©Torsten Seewitz, 27.05.2002

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