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Atiq Rahimi 
"Erde und Asche"
Aus dem afghanischen Persisch von Susanne Baghestani 
Claassen Verlag München 2001
104 S., 13,00 Euro

Als Atiq Rahimis erster Roman "Erde und Asche" 1999 erstmals in Frankreich erschien, nahm die Öffentlichkeit wenig Notiz von ihm. Die Schlagzeilen, die sein Land zur Zeit der sowjetischen Invasion in die Schlagzeilen brachte, waren selten geworden und vom unsäglichen Leid des afghanischen Volkes wollte kaum noch jemand etwas hören. Erst als die Attentate in New York und Washington am 11. September des vergangene Jahres die Welt aufschreckten, rückte auch das Land im Hindukusch wieder in den Mittelpunkt des weltpolitischen Interesses. 
Mit einem Mal wurde auch der Autor Rahimi wahrgenommen und seinem Roman wurde endlich die Aufmerksamkeit und Anerkennung zuteil, die er verdient hat.
Rahimi führt den Leser in die 1980er Jahre, in eine Zeit, in der Bombenangriffe durch die sowjetische Armee in Afghanistan an der Tagesordnung waren. Unzählige Tote, darunter Tausende Zivilisten, waren zu beklagen. Den Überlebenden dieses Terrors gibt der Autor nun eine Stimme. 
Der alte Dastagir ist mit seinem Enkel Yassin auf dem Weg zu seinem Sohn, der im Norden des Landes in einer Kohlegrube arbeitet, um ihm die schreckliche Nachricht vom Tod seiner Familie zu überbringen. Sowjetische Truppen hatten sein Dorf in einer Vergeltungsaktion niedergebombt. Niemand außer den beiden hat überlebt. Als wäre der Schmerz über den Verlust der Familie nicht schon stark genug, muss Dastagir mit ansehen, wie sein, durch den Bombenhagel taub gewordener Enkel, sein Schicksal nicht verstehend, durch die Welt irrt. 
Nun warten Großvater und Enkel an einer staubigen Landstraße auf einen Lkw, der sie zur Kohlegrube bringen soll. Gedankenverloren sinniert der alte Dastagir über sein Schicksal und das seines Volkes, doch viel größer als sein Kummer ist die Angst, seinem einzigen Sohn die schreckliche Nachricht überbringen zu müssen. Er weiß nicht, wie dieser reagieren wir, fürchtet sogar, dass er vor Schmerz wahnsinnig werden könnte. 
Rahimi erzählt von dieser Zeit des Wartens und der Ungewissheit in einer schlichten, aber eindringlichen Sprache. Gleichnishaft verleiht er dem durch zahlreiche Schicksale und zwanzig Jahren Krieg stumm gewordenen afghanischen Volk eine Stimme, die zum einen von dem unsagbaren Leid erzählt, zum anderen eine Abkehr von der radikalisierten Form des Islam hin zu Friedfertigkeit und Liebe zu Gott fordert.
©Torsten Seewitz, 23.04.2002

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