Viele
kennen sein Gesicht aus dem Fernsehen, wenn er als
Kommissar Ehrlicher im Leipziger „Polizeiruf 110“
ermittelt. Markant ist seine ruhige, bedächtige Art. Ein
sympathischer Typ, kein Superheld, sondern ein Mensch mit
Schwächen.
Wohl die wenigsten wissen jedoch, dass Peter Sodann in
seiner Studentenzeit ein überaus erfolgreiches Kabarett
leitete und dass er zur damaligen Zeit für seine
„starke Schwäche für Anarchie und vorauseilenden
Ungehorsam“ bekannt war.
Eigentlich fing alles ganz erfolgversprechend an, damals
im Juni 1961 als der „Rat der Spötter“ als erstes
Studentenkabarett der DDR vor westdeutschem Publikum
auftreten durfte. Eingeladen vom „Convent für
gesamtdeutsche Arbeit“ und argwöhnisch begleitet von
Sicherheits- und Parteikadern, ging die Fahrt der fünfzehn
„Spötter“ nach Marburg an der Lahn. Die
Versicherungen Walter Ulbrichts im Ohr: „Niemand hat die
Absicht eine Mauer zu errichten!“ genießen die jungen
Leute ihre Fahrt in den Westen, ohne zu ahnen, welch
schicksalhafte und dramatische Wendung die deutsche
Geschichte nur wenige Wochen später nehmen wird.
Der
Auftritt in Marburg wird ein voller Erfolg und den Befürchtungen
der Parteikader zum Trotz, blieb niemand im
„feindlichen“ Teil Deutschlands.
Wieder in der Heimat, investieren die Mitglieder des
„Rates der Spötter“ all ihre Freizeit in ihr neues
Programm „Wo der Hund begraben liegt“ und in den
Ausbau ihrer künftigen Spielstätte, dem „Spötterkeller“
am Nicolaihof.
Angeführt vom Leithammel Gomorrha, dem Spitznamen Peter
Sodanns, geben sie ein kurzes Gastspiel in verschiedenen
Orten Mecklenburgs, doch alle Gedanken sind beim neuen
Programm, welches zur Herbstmesse in Leipzig Premiere
haben soll. Noch ist viel zu üben, Texte müssen
geschrieben und Lieder arrangiert werden, da holen die
politischen Ereignisse des August 1961 die Kabarettproben
ein. Das politische Klima in der DDR war rauher geworden,
doch blieb der „Rat der Spötter“ bislang von
Reglementierungen der Parteileitung der
Karl-Marx-Universität und der Sicherheitskräfte
verschont, bis zu jenem Herbst 1961.
Das neue Kabarettprogramm musste, nachdem es der Sekretär
für Agitation und Propaganda der Universitätsparteileitung,
Klaus Höpcke, abgesegnet hatte, einer Kommission
vorgestellt werden. Diese Abnahmekommission, bestehend aus
Mitgliedern der Partei und FDJ, lässt die Vorstellung
zuerst kommentarlos über sich ergehen, bis sie an dessen
Ende ihr vernichtendes und folgenschweres Urteil fällt:
„Es (das Programm) ist politisch falsch, schlimmer es
ist ein konterrevolutionäre Sauerei!“.
Mit solcherlei Urteil hatte keiner der „Spötter“
gerechnet. Konterrevolutionäre sollten sie sein, gegen
den Staat – einfach lächerlich. Nur wenige Tage später
wurden die ersten Mitglieder des Kabaretts von der
Hochschule verwiesen, dann verhaftet und unter unwürdigen
Bedingungen über Wochen wieder und wieder von der
Staatssicherheit verhört.
Über neun endlos lange Monate zog sich die
Beweisaufnahme hin, bis der Prozess gegen Sodann, Röhl
und die anderen beginnen konnte. Neun Monate, die das
Leben dieser jungen Männer für immer veränderten.
Obgleich das von Ernst Röhl Erzählte an Tragik kaum zu
überbieten scheint, bewahrt er seinen unverwechselbaren
Humor. Seinem unnachahmlichen Stil sei gedankt, dass diese
Geschichte nicht zu einem rührseligen Tränenstück
mutiert, sondern zu einem Feuerwerk geistreicher Bonmots
wird.
Ihm ist die Freude förmlich anzumerken, mit
welcher er das politische System DDR und die Beschränktheit
seine Handlanger bloßstellt, die einem Staat dienten, der
junge Menschen hinter Gitter sperrte, weil dieser Angst
vor der Kraft ihrer Worte hatte.
Auch in der Haft sind die „Spötter“ standhaft
geblieben und haben ihren Witz nicht verloren. Was soll
man auch machen, wenn der sächsische Dialekt Walter
Ulbrichts oder die Beschränktheit der Wärter geradezu
zum Spott herausfordern.
“Der Kabarettist, den eine allmächtig sich dünkende
Staatsmacht ins Gefängnis wirft, hat Schwein gehabt; er
darf sich als geadelt betrachten.“, stellt Röhl resümierend
fest. Somit ist der „Rat der Spötter“, „... nach
der Anzahl der Haftmonate beurteilt, das erfolgreichste
Nachkriegskabarett in Deutschland.“.
Ironie des Schicksals: Mitte der sechziger Jahre
ermunterten politische Verantwortungsträger der
Karl-Marx-Universität
talentierte Studenten in Ermangelung eines
Kabaretts zur Gründung eines solchen mit dem Namen „Akademixer“.
©Torsten Seewitz, 31.03.2003 |