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Andrzej Szczypiorski
"Feuerspiele"

Aus dem Polnischen von Barbara Schaefer
Diogenes Verlag Zürich 2000
362 Seiten, 19,90 €

Fast bekommt es den Anschein, als hätte Andrzej Szczypiorski den Roman "Feuerspiele" als krönenden Endpunkt seines umfangreichen literarischen Schaffens geplant. Denn nur wenige Monate nach dessen Erscheinen, starb der bekannte polnische Autor und Nobelpreisträger am 9.Mai 2000 im Alter von 72 Jahren. 
Szczypiorski thematisiert in seinem literarischen Gesamtwerk die traumatischen Erfahrungen des polnischen Volkes zur Zeit des Holocausts und versucht diese schreibend aufzuarbeiten. So auch in seinem Roman "Feuerspiele", in welchem er Täter und Opfer in einer apokalyptischen Schlussszene aufeinander treffen lässt. 
Nach dem Tod seiner Frau wünscht sich der Pole Jan, auf dem Dachboden seines Hauses sitzend, nichts sehnlicher als die eigene Erlösung. In traumhaften, surrealen Visionen ereilt ihn seine schuldhafte Vergangenheit, die über Jahre verdrängt, unerbittlich Besitz von ihm ergreift. 
Unterdessen planen Fürst Kyrill, ein im Schweizer Exil lebender Russe und der amerikanische Großindustrielle Graham Wilson III. eine Kunstausstellung im imaginären Kurort Bad Kranach. Es sollte eine Ausstellung werden, die in der Kunstwelt ihresgleichen sucht. Dass es sich hierbei jedoch um einen groß angelegten Versicherungsbetrug handelt, durchschaut nur der ominöse Dr. Kovács, der Lakai Wilsons. 
Lässt er den Leser anfänglich noch verstört zwischen den einzelnen Kapiteln umherirren, einerseits konfrontiert mit den apokalyptischen Traumbildern Jans und andererseits mit der Skrupellosigkeit der kunstbesessenen Herren Kyrill und Wilson, versteht es Szczypiorski mit fortschreitender Handlung meisterhaft, die Erzählstränge des Romans in einem furiosem Finale zusammenzuführen. 
Wie in jedem seiner Romanen, wehrt sich dieser bedeutenden polnische Autor gegen jedes Vergessen und die Banalisierung der nationalsozialistischen Verbrechen. Es darf niemals eine Zeit geben, die die Hölle des Holocaust in ihrer Grausamkeit zu verharmlosen und den Tätern zu vergeben versucht. ©Torsten Seewitz, 27.04.2001

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