Jon Fosse
"Das ist Alise"
Aus dem Norwegischen von Hinrich Schmidt-Henkel
Marebuchverlag Hamburg 2003
120 S.; 18,00 Euro
Warum verschwand ihr Ehemann vor mehr als 20 Jahren einfach spurlos – das ist
die quälende Frage, die sich Signe seitdem täglich stellt. Kenterte er an
jenem stürmischen Dienstag Ende November 1979 mit seinem kleinen Boot im Fjord
oder wollte er vielleicht nicht mehr mit ihr zusammen sein? In ihrer Holzhütte
im eisigen Norden lässt Signe das kinderlose Leben mit ihrem Mann Asle in einem
einzigen inneren Monolog Revue passieren und wartet noch heute am Fenster
stehend auf ihn. Der Norweger Jon Fosse erzählt so eine Familiengeschichte, die
von der Ururgroßmutter Alise bis hin zu Signe und Asle reicht. Die Erzählperspektive
wechselt er selbst innerhalb einer Episode ständig, wobei eines jedoch klar
wird: Die Vergangenheit ist nicht mit der Gegenwart abgeschlossen, vielmehr beeinflusst sie das Leben und die Ereignisse noch heute. Deswegen laufen die
verschiedenen, ausschließlich im Bewusstseinsstrom geschriebenen,
Erinnerungsstränge parallel, bis sie sich am Ende auf überraschende Weise
vereinen. Auch wenn Signes Geschichte eine traurige ist, so ist sie doch vor
allem eine ungewöhnliche und intensive Liebeserklärung.