Loriot
"Gesammelte Werke"
Deutsche
Grammophon Hamburg 2003
36,00 Euro
Es gehört wohl zu den größten Verdiensten Loriots, daß er mit dem ihm
eigenen subtilen Humor die Spießigkeit des deutschen Kleinbürgers entlarvt.
Ohne laut zu tönen oder ins Vulgäre abzugleiten, wie es für viele deutsche
Komiker heutzutage zum Standard ihres Repertoires gehört, gelingt es Loriot
seit Jahrzehnten in seinen Cartoons oder Sketchen auf äußerst beeindruckende
und nachhaltige Weise unserem an Phrasen und situativer Komik reichem Leben den
Spiegel vorzuhalten. Sicherlich nicht zur Freude aller, doch wohl einer großen
Mehrheit, die seine Knollennasenmännchen und Figuren seiner Sketche und Filme
in ihr Herz geschlossen haben.
Am 12. November nun feiert Loriot, der mit bürgerlichem Namen Bernhard-Victor
Christoph-Karl von Bülow heißt, seinen 80. Geburtstag. Aus diesem Anlass hat
die Deutsche Grammophon seine "Gesammelten Werke" als Sammlung von 6
CDs herausgegeben. Neben den Produktionen "Heile Welt" aus dem Jahr
1978, "Dramatische Werke" (1981) und "Liebesbriefe" (1984)
werden hier erstmals seine "Festreden" aus dem Jahr 1983 auf CD
veröffentlicht. Zu den Höhepunkten der Sammlung gehören vor allem Loriots
Interpretationen des "Ringes der Nibelungen" von Richard Wagner,
"Peter und der Wolf" von Sergej Prokowjew und des "Karnevals der
Tiere" von Camille Saint-Sains.
Man kann sich an den skurrilen Dialogen seiner "Dramatischen Werke"
gar nicht satt hören, so zeitlos ist sein Humor, der vor allem die
zwischenmenschliche Situationskomik bevorzugt. Erinnert sei nur an den
unübertrefflichen Dialog in "Das Ei", in welchem der Hausherr
feststellt, dass das Frühstücksei hart sei und sich im Folgenden ein
Wortwechsel zwischen den Ehepartnern entspinnt, der seinesgleichen sucht.
Eine Vorliebe hat Loriot für das schwierige Verhältnis von Mann und Frau, vor
allem in der bürgerlichen Institution Ehe, entwickelt. Seine Erkenntnis über
diese Form des menschlichen Zusammenlebens kann dann auch schon einmal in der
Feststellung münden, dass Männer und Frauen einfach nicht zusammenpassen.
Als ungemeiner Glücksgriff für die schauspielerische Umsetzung seiner
Dialogszenen hat sich die Zusammenarbeit mit Evelyn Hamann erwiesen. Treffender
hätte er den weiblichen Widerpart seiner Dialoge nicht besetzten können, da
gerade sie über eine beeindruckende Wandlungsfähigkeit ihrer Mimik und Gestik
verfügt, die den "Dramatischen Werken" das i-Tüpfelchen zur
Vollendung aufsetzten. Zwar ermöglicht die vorliegenden Hörbuch-Ausgabe nur
einen akustischen Eindruck, jedoch erfolgt die dramaturgische Umsetzung der
Sketche so gekonnt, dass beim Hören mühelos auch ein visueller Eindruck vor
dem geistigen Auge entsteht.
Es ist zwar anzunehmen, dass der wahre Loriot-Fan bereits die komplette Sammlung
seiner "Dramatischen Werke" sein Eigen nennen darf, doch bietet gerade
die vorliegende Ausgabe einen kompletten Überblick über Loriots akustisches
Werk. Zudem ist diese Ausgabe der Deutschen Grammophon schön gestaltet und mit
einem informativen Booklet ausgestattet. ©Torsten Seewitz, 10.11.2003