Henning
Mankell
"Der Mann, der lächelte"
Aus dem Schwedischen von
Erik Gloßmann
Deutscher Taschenbuch Verlag München 2003
400 S.; 10,00 Euro
Es ist eine beklemmende Szenerie, die Henning Mankell
gleich zu Beginn seines vierten Wallander-Romans entwirft. Dichter Nebel
begleitet die Autofahrt des Anwalts Gustaf Torstensens, der sich nach einem
Gespräch mit einem Klienten Ystad näherte. Angsterfüllt blickt dieser ständig
in den Rückspiegel, im Glauben, verfolgt zu werden. Dann plötzlich taucht ein
Stuhl auf der Fahrbahn vor ihm auf. Auf ihm eine Puppe in Menschengestalt
sitzend. Torstensen hält den Wagen an, um sich das Hindernis aus der Nähe zu
betrachten. Noch bevor er das unerwartete Geräusch hinter sich orten konnte,
traf ihn ein kräftiger Schlag auf den Hinterkopf und er sank tot auf den
Asphalt.
Von alldem ahnte Kriminalkommissar Kurt Wallander nichts, als er an der Küste
Skagens versuchte seine seit Monaten dauernde Depression in den Griff zu
bekommen. Es war bei einem Einsatz, als er in Notwehr einen Mann erschoss. Seit
diesem verhängnisvollen Tag quälen ihn Schuldgefühle und Selbstvorwürfe,
versagt zu haben. Wallander stand kurz davor, den Dienst bei der Polizei Ystads
zu quittieren und sich beruflich neu zu orientieren. Doch da taucht eines Tages
der Anwalt Sten Torstensen auf, Sohn des toten Gustaf Torstensen, um ihm vom
tragischen Tod seines Vaters zu berichten und ihm um Hilfe bei der Aufklärung
des mysteriösen Vorfalls zu bitten. Seiner Meinung nach, sei sein Vater Opfer
eines heimtückischen Mordes geworden, sein Tod also keineswegs Folge eines
Autounfalls.
Wallander, der seinen Vorgesetzten zwischenzeitlich von seinen Plänen
unterrichtet hatte, bei der Polizei aufzuhören, zögert sich diesem Vorfall
zuzuwenden, obgleich ihm das Schilderungen seines Bekannten Sten nicht unberührt
ließen. Erst als dieser mit drei Kopfschüssen ermordet in seiner Kanzlei
aufgefunden wird, entschließt sich Wallander den Fall zu übernehmen. Alle Überlegungen,
die Arbeit als Kommissar aufzugeben, waren nicht mehr relevant, ganz zur Freude
seiner Kollegen, die sich über seine Rückkehr offenkundig freuten.
Mit seinem bereits 1994 in Schweden veröffentlichten und in deutscher Übersetzung
2001 erschienenen Roman „Der Mann, der lächelte“ beweist Henning Mankell
einmal mehr, dass die Figur des eigenwilligen Kommissar Wallanders alle
Eigenschaften besitzt, um zum
Klassiker in der Welt der Kriminalromane zu werden. In kurzen, unprätentiösen
Sätzen entwirft Mankell eine Welt, die nur scheinbar fern von der Realität zu
sein scheint. Denn hinter der Kulisse des Alltags versteckt sich ein Kosmos
krimineller Energie, dessen Potential das Vorstellungsvermögen eines
unbescholtenen Menschen übersteigt.
Gerade dieses Konfrontieren mit nahezu unbeschreiblicher grausamer Gewalt,
verschafft den Romanen der Wallander - Reihe zum einen den notwendigen
Spannungseffekt zum anderen den Anlass, tief in die Ebene der Unterwelt
hinabzusteigen, um dort erschaudernd das wahre Wesen des Menschen und die
inhumanen Auswüchse moderner Gesellschaftsformen zu erblicken.
Je mehr Kurt Wallander das Geschehene in Zusammenhänge bringt, desto schärfer
wird sein Blick für die Schattenseiten der Geschäftswelt, in der Menschen für
Geld ihre Seele verkaufen und den Tod anderer billigend in Kauf nehmen. Die
Ermittlungen konzentrieren sich auf den smarten Geschäftsmann Alfred
Hardenberg, dessen Landsitz Gustaf Torstensen kurz vor seinem Tod aufsuchte.
Doch was hatte Torstensen entdeckt, das er sterben musste? Torsten Seewitz,
24.07.2003