Eric-Emmanuel Schmitt
"Oskar und die Dame in Rosa"
Aus dem Französischen von Annette und Paul Bäcker
Ammann Verlag Zürich 2003
104 S.; 13,80 Euro

In seiner Wahlheimat Belgien gehört Eric-Emmanuel Schmitt zu den meistgespielten zeitgenössischen Bühnenautoren, bis er 2003 mit seiner Parabel "Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran" ein überaus erfolgreiches Buch schrieb, welches ad hoc die nationalen und internationalen Bestsellerlisten eroberte.
Mit seinem aktuellen Buch "Oskar und die Dame in Rosa", in dem er die Geschichte des zehnjährigen, unheilbar an Leukämie erkrankten, Oskar erzählt, hat Schmitt wiederum den Geschmack des Publikums getroffen.
Obgleich man bereits zu Beginn ahnt, dass die Geschichte kein gutes Ende nehmen wird, fndet der kleine Jungen Beistand in Oma Rosa. Ihren richtigen Namen weiß er nicht, auch nicht ihr wahres Alter. Doch dies ist nicht von Belang, denn die alte Dame in Rosa, vergleichbar wohl mit den grünen Damen in deutschen Krankenhäusern, schafft es, Oskar Mut und Selbstvertrauen zu geben. Sie ermutigt ihn, täglich einen Brief an Gott zu schreiben, um ihm von seinen Erlebnissen und Nöten zu berichten. Anfangs unheimlich skeptisch ob des Nutzens, beginnt Oskar Freude am Briefeschreiben zu finden. Mit wachsendem Eifer erzählt er fortan von seinem Alltag, wohl ahnend, daß seine Lebenszeit sehr bemessen ist. Seine Eltern hält er übrigens für Feiglinge, da diese Angst vor seiner Krankheit haben.
Eines Tages kommt Oma Rosa, die auf eine Karriere als Catcherin zurückblicken kann (jedenfalls erzählt sie dies Oskar), auf die Idee, fortan jeden Tag so zu betrachten, als würde er zehn Jahre umfassen.
Wenn einem als Leser bis dahin nur eine Ahnung überkam, so weiß man spätestens an dieser Stelle, in welche Richtung die Geschichte gehen wird. Und dennoch zeigt sich gerade hier das erzählerische Talent Eric-Emmanuel Schmitts. Analytisch betrachtet wirkt seine Erzählung sehr konstruiert, doch vermag er auf beeindruckende Weise die Starrheit der Handlung durch emotionale Momente zu durchbrechen.
Jedoch wird nur der Leser Schmitts Erzählung mit Gewinn lesen, der bereit ist, seinen Emotionen freien Lauf zu lassen. Erst dann wird dieses literarische Kleinod seinen vollen Zauber entfalten. ©Torsten Seewitz, 07.11.2003

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