Charles
Simmons
"Salzwasser"
Aus dem Amerikanischen von Susanne Hornfeck
Deutscher Taschenbuchverlag München 2001
135 Seiten, 8,00 €
Es gibt wohl kaum
ein Thema, welches mit der Vielfalt künstlerischer Mittel zu ergründen versucht wird, wie dies der ersten Liebe. So spürten Generationen von
Schriftstellern dem Zauber dieses Phänomens nach, immer der Tatsache
bewusst, nicht die richtigen Worte gefunden zu haben. Doch gibt es
Beispiele in der Weltliteratur, die dem Geheimnis ganz nahe gekommen sind,
so die Novelle "Erste Liebe" des genialen russischen
Schriftstellers Iwan Turgenjew.
Der amerikanische Autor Charles Simmons greift in seiner Erzählung
"Salzwasser" das Motiv dieser Novelle auf und verlegt die
Handlung in das Amerika der sechziger Jahre. Simmons einfallslos ob dieses
Kunstgriffs zu nennen wäre ungerecht, denn er entfaltet in
"Salzwasser" mit beeindruckendem Feingefühl für die
Empfindungen seines Protagonisten einen Kosmos menschlicher Empfindungen.
Wie in jedem Jahr verbringt die Familie von Michael den Sommer in ihrem
Ferienhaus am Atlantik. Die Ferien versprachen für Michael so zu
verlaufen wie in den Jahren zuvor, doch sollte der Einzug der
verführerischen Mrs. Merz auf dem Nachbargrundstück , die zusammen mit
ihrer zwanzigjährigen Tochter Zina erstmals Urlaub hier machte, sein
weiteres Leben verändern. Als Michael Zina zum ersten Mal sah, verliebte
er sich augenblicklich. Obgleich Zina eher freundschaftliche Gefühle für
ihn hegte, begann er, völlig gefangen von bislang unbekannter Euphorie,
seine Sehnsüchte in sie hineinzuprojizieren. Zwar schmeichelte ihr die
unerwartete Verehrung, doch konnte sie die ehrlichen Gefühle Michaels
nicht erwidern. Vielmehr faszinierte sie ein anderer Mann, und Michael hat
einen erschreckenden Verdacht.
Mit dem ihm eigenen lakonischen Stil erzählt Simmons atmosphärisch dicht
und meisterhaft vom Verlust der kindlichen Unschuld. Was hier auf den
ersten Blick wie eine klassische Love-Story wirkt, steigert sich mit
fortschreitender Handlung zu einem dramatischen Finale, in dessen Folge
für alle Beteiligten nichts mehr so sein wird, wie es einmal war.
©Torsten Seewitz, 19.08.2001