Gustaf Sobin
"Der Trüffelsucher"
Aus dem Französischen von Malte Friedrich
Berlin Taschenbuchverlag Berlin 2001
190 S., 8,90 Euro

Als der alternde Cabassac, Professor an der Universität von Avignon, Julietta zum ersten Mal sah, war es um ihn geschehen. Während die übrigen Studenten seinen Vorlesungen über die gallo - romanischen Ursprünge des Provençalischen eher gelangweilt zuhörten, war sie, die dunkelhaarige Schönheit, eine eifrige Studentin, die jedes seiner Worte mitzuschreiben schien. Behutsam entspinnt sich beiden anfangs eine Freundschaft die von Seiten Cabassacs recht bald einer innigen Liebe wich. Er holt sie in sein altes Bauernhaus, welches er mit einer Tante bewohnt und verwöhnt sie übermaßen. 
In ihrer Leidenschaft, den Spuren der ausgestorbenen provençalischen zu folgen, verlieren sie sich in unbändiger Leidenschaft. Doch trotz ihres gemeinsamen Glück, blieb Juliette merkwürdig verschlossen. Irgend etwas schien sie zu belasten und ihr Gemüt schwermütig zu machen. Erst als sie ein Kind von Cabassac erwartet, blüht sie auf und schmiedet gemeinsam mit ihrem Geliebten Pläne für die Zukunft.
Jedoch währt das Glück nur kurze Zeit. Juliette verliert das Kind und muss mit der traurigen Tatsachen abfinden, nie mehr Kinder gebären zu können. Ein schwerer Schicksalsschlag, von dem sie sich nicht mehr erholen sollte. Nur wenige Tage später stirbt sie.
Nur in seinen Träumen ist Cabassac noch bei. Hier sieht er ihr zärtliches Antlitz und kann Zweisprache mit ihr halten. Als er entdeckt, dass diese Träume am intensivsten werden, wenn er zuvor Trüffel verspeist hat, lässt die Suche nach dieser schwarzen Kostbarkeit zur Obsession werden. Plötzlich ist er seiner Frau sehr nahe und kann all das Versäumte ihres Lebens mit ihr nachholen. Jedoch treibt ihn diese Suche an die Grenze seines Verstandes. Er verliert nicht nur sich selbst, sondern auch seine Arbeit und sein Haus mit den riesigen Ländereien.
Dass die Geschichte nicht in einem Happy End mündet, lässt sich unschwer erkennen. Dennoch strahlt dieses Buch des französischen Autor Gustaf Sobin ein wundersame Gelassenheit und Ruhe aus. Der Fluss der Wörter mündet in beeindruckender Harmonie und entfesselt eine seltsame Sprachmagie, die den Leser unweigerlich gefangen nimmt. Meisterhaft poetisch erzählt Sobin von der Suche nach dem Glück, ohne jemals in die Untiefen des Seelenkitsches abzugleiten. Stellenweise erinnert seine Prosa sogar an  Bariccos meisterhafte Erzählung  "Seide.
"Der Trüffelsucher" ist eine stille Geschichte, die den Zauber der Liebe und der betörenden Landschaft der Provence mit Worten einzufangen vermag. Ein Buch also, welches man erst aus der hand legen möchte, wenn die letzte Seite gelesen ist. © Torsten Seewitz, 27.06.2002


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