Uwe
Soukup
"Ich bin nun mal Deutscher. Sebastian Haffner"
Aufbau Verlag Berlin 2001
344 Seiten, € 20,00
Seit die „Geschichte eines
Deutschen" im Jahr 2000 erschien und wider Erwarten zum Besteller im
Sachbuchbereich avancierte, steigt unvermindert das Interesse an diesem überaus
erfolgreichen und vor allem kritischen Autor und Historiker Sebastian
Haffner.
Was liegt also näher, als der Versuch, die an Brüchen reiche und bewegte
Lebensgeschichte Sebastian Haffners zu erzählen.
Dass dieses Vorhaben geglückt ist, beweist die vom Berliner Journalisten Uwe
Soukup geschriebene und im Herbst 2001 veröffentlichte Biographie „Ich bin
nun mal Deutscher". Dass gerade Soukup diese Aufgabe übernahm, ist kein
Zufall. Aus Begeisterung über dessen Werk „Der Verrat", gründete er
eigens einen Verlag, um es, da lange Zeit vergriffen, erneut zu publizieren.
Diese Sympathie des Autors für Haffner merkt man dann auch der Biographie an,
jedoch nicht unbedingt zum Nachteil für den kritischen Leser. Diesem nämlich
erschließen sich eine Unmenge an biographischen und historischern Details.
Dabei legte Soukup den Schwerpunkt weniger auf den Familienmenschen Haffner,
sondern stellt die Darstellung des beruflichen Werdegangs als Journalist und
Historiker in den Mittelpunkt.
Wenig Neues bietet die Zeit der ersten Lebensjahre, da sich der Autor vor allem
auf die autobiographische „Geschichte eines Deutschen" stützt. Hingegen
gibt es für die Zeit des englischen Exils eine neue und weitgehend unbekannte
Welt aus Haffners Leben zu entdecken. In diesen Jahren entschied er sich zum
Beispiel seinen bürgerlichen Namen Raimund Pretzel zu Gunsten des Pseudonyms
Sebastian Haffner abzulegen, um unter diesem Namen sein Buch „Germany: Jekyll
und Hyde" 1940 zu publizieren. Vorrangig wollte er damit seine in
Deutschland gebliebene Familie und Freunde nicht gefährden. Denn in dieser
Publikation versucht er den Britten zu erklären, weshalb eine Mensch wie Hitler
an die Macht gelangen konnte. Das Buch wird in England und Amerika ein wahrer
Erfolg und begründet sozusagen seine Karriere als Autor historischer
Sachbücher und öffnete ihm zugleich die Tür in die Pressewelt.
Interessant ist zu lesen, dass Haffner nicht von allen deutschen Exilanten mit
Anerkennung bedacht wurde, vor allem Sozialdemokraten und Kommunisten mieden ihn
wegen seiner Kritik ihres Verhaltens zur Zeit der Weimarer Republik. So
boykottierten sie zum Beispiel ihre Mitarbeit an der Emigrantenzeitung „Die
Zeitung", für die Haffner journalistisch in prädestinierter Stellung
tätig war.
Seine spätere Arbeit für den „Observer" bringt ihn dann nach Kriegsende
als Korrespondent zurück nach Deutschland. Gerade die Schilderungen seiner Zeit
im Nachkriegsdeutschland lesen sich wie eine Chronik der Politik – und
Pressegeschichte der Bundesrepublik in den vergangenen 50 Jahre. Obgleich diese
Zeit für Haffner die intensivste und erfolgreichste wird, ist sie doch
gekennzeichnet von politischer Zerrissenheit, mal sympathisierte er mit der SPD,
mal mit der CDU. Eine Situation, der ihm viele Gegner einbrachte, doch berührte
ihn dieser Umstand wenig.
Im Alter zog sich Haffner aus dem öffentlichen Leben zurück, ohne jedoch seine
kritische Haltung zum politischen Geschehen in Deutschland aufzugeben.
Sein Leben resümierend, lässt Uwe Soukup am Schluss seiner durchaus gelungenen
Biographie Sebastian Haffner noch einmal zu Wort kommen „Ich bin mit unserer
Welt nicht unzufrieden. Ich möchte eigentlich – trotz der
Unannehmlichkeiten, die es in diesem Jahrhundert weiß
Gott auch gegeben hat – ich möchte eigentlich in
keinem anderen Jahrhundert gelebt haben.".
©Torsten Seewitz, 30.01.2002