Paolo Teobaldi
"Der Duft der Dinge"
Aus dem Italienischen von Peter Klöss
Verlagsbuchhandlung Liebeskind
München 2001
224 Seiten, € 18,90
Nach all den
Schließungen von Verlagen gleicht es eine Wohltat, auch einmal von
einer Verlagsgründung zu hören. So geschehen in München im Herbst
vergangenen Jahres, als sich die "verlagsbuchhandlung
liebeskind" mit einem kleinen, aber äußerst ambitionierten
Programm vorstellte. Aus diesem Debütprogramm stammt der im
Folgenden vorgestellte Roman "Der Duft der Dinge"
des Italieners Paolo Teobaldi.
Die Trennung von
seiner Frau Lia begriff Tizio als einen Befreiungsschlag, und sodann
machte er sich dabei, die gemeinsame Wohnung von Müll der
zurückliegenden Ehejahre zu befreien. Geradezu systematisch
entrümpelt er Zimmer für Zimmer, erst die Küche mit der
überfüllten Tiefkühltruhe und dem ewig stinkenden Kühlschrank,
dann das vor Keimen strotzende Badezimmer, das miefige Schlafzimmer
mit Bergen von alten Kleidern seiner Frau und zahlreichen Andenken
an die Familiengeschichte bis er nach Wohnzimmer und Vorratskammer
die Kellerräume erreicht. Mit stetig steigender Begeisterung
entsorgt Tizio alles, was ihn auch nur im entferntesten an die
vermeintliche heile Familienwelt erinnert, die, seitdem die Kinder
aus dem Haus sind, nur noch zum Schein gewahrt wurde.
Endlich
vom Ballast des Familienmiefs befreit und frei für ein neues
Leben, verliert Tizio seine Arbeit als Lehrer und wird zur
städtischen Müllabfuhr versetzt. Dort arbeitet er sich wider
Erwarten vom einfachen Straßenfeger zum Leiter einer Mülldeponie
empor. Seine Faszination für Müll lässt in ihm das Vorhaben
reifen, Bohrungen in den riesigen Schuttbergen vorzunehmen, um den
Müll vergangener Jahre zu Tage zu fördern; in der Absicht, mit
Hilfe des geborgenen Abfalls von Generationen
eine Art Geschichte der italienischen Nation zu erzählen.
Zugegeben, auf den ersten Blick erscheint der Roman Paolo Teobaldis
recht ungewöhnlich, denn Bücher über Müll und dessen Gerüche
werden nicht allzu oft geschrieben. Doch kommt die Geschichte Tizios
so wunderbar ironisch daher, dass man mit Freude und Neugier liest,
auch wenn die Beschreibung bestimmter, vor allem unangenehmer,
Aromen manchmal allzu realistisch gerät.
Es ist beeindruckend, wie geschickt und mit bissigem Spott Teobaldi
unserer modernen Konsumgesellschaft den Spiegel vorhält; dieser
wohlhabenden Gesellschaft, die sich zunehmend auf Gegenständliches
und Äußerlichkeiten fixiert, den Verlust zwischenmenschlicher
Werte in Kauf nehmend.
© Torsten Seewitz, 21.02.2002