Warum
verschwand ihr Ehemann vor mehr als 20 Jahren einfach
spurlos – das ist die quälende Frage, die sich Signe
seitdem täglich stellt. Kenterte er an jenem stürmischen
Dienstag Ende November 1979 mit seinem kleinen Boot im
Fjord oder wollte er vielleicht nicht mehr mit ihr
zusammen sein? In ihrer Holzhütte im eisigen Norden lässt
Signe das kinderlose
Leben mit ihrem Mann Asle in einem einzigen inneren
Monolog Revue passieren und wartet noch heute am Fenster
stehend auf ihn. Der Norweger Jon Fosse erzählt so eine
Familiengeschichte, die von der Ururgroßmutter Alise
bis hin zu Signe und Asle reicht. Die Erzählperspektive
wechselt er selbst innerhalb einer Episode ständig,
wobei eines jedoch klar wird: Die Vergangenheit ist
nicht mit der Gegenwart abgeschlossen, vielmehr beeinflusst sie das Leben und die Ereignisse noch heute.
Deswegen laufen die verschiedenen, ausschließlich im
Bewusstseinsstrom geschriebenen, Erinnerungsstränge
parallel, bis sie sich am Ende auf überraschende Weise
vereinen. Auch wenn Signes Geschichte eine traurige ist,
so ist sie doch vor allem eine ungewöhnliche und
intensive Liebeserklärung.
Aliki Nassoufis
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