Für
den Romanhelden, den autistischen, 15 jährigen
Christopher wird es nur dann ein superguter Tag, wenn er
hintereinander fünf rote Autos sieht. Für den Leser
wird es allerdings auch ohne fünf rote Autos ein
superguter Tag, denn das Debüt des preisgekrönten
britischen Drehbuchschreibers Mark Haddon macht schnell
süchtig. Der autistische Christopher erzählt in
tagebuchähnlicher Form, wie er den Mörder des Pudels
aus dem Garten der Nachbarin Mrs. Shears finden will.
Sein großes Vorbild ist dabei zwar der große Sherlock
Holmes, doch seine Angst vor Menschenmassen und vor
braunen und gelben Dingen erschweren ihm die Arbeit.
Dann ist da noch sein Vater, der Christopher seit dem
Tod der Mutter allein erzieht und ihm nun die
Detektivjagd verbietet. Und warum spricht Mrs. Shears plötzlich
nicht mehr mit Christophers Vater und warum hat der die
Briefe der eigentlich toten Mutter versteckt?
Mit seiner Erzählweise weiß Christopher den Leser von
der ersten Seite an zu fesseln, auch
wenn – oder gerade weil – er dabei oft hilflos und
verunsichert ist. Er entführt in eine Welt, die dem
Leser zwar sehr vertraut, aber auch äußerst fremd
erscheint. So müssen für den Matheliebhaber
Christopher die Dinge im Leben normalerweise eine
gewisse Ordnung haben. Die neuesten Ereignisse in seinem
eigenen Leben lassen sich jedoch keiner logischen
Ordnung unterwerfen, doch auf der Suche nach den
ordnungsversprechenden Puzzleteilchen wächst er über
sich hinaus. Denn er erkennt langsam, dass das Leben
nicht mathematischen Regeln folgen muss. „Ich denke,
Primzahlen sind wie das Leben. Sie sind sehr logisch,
aber man käme niemals auf die Regeln“, sagt er zwar
schon zu Beginn seiner Odyssee, akzeptieren tut er dies
allerdings erst nach und nach.
In
dieser phantasievollen Welt steht nicht der Autist
Christopher, sondern ein verwirrter junger Mann im
Zentrum, dessen Erzählung erfrischend leicht ist, ohne
dabei inhaltlich an Tiefe einzubüßen. Haddons
Protagonist wirkt dabei nicht unglaubwürdig und ist
frei von Klischees. Stattdessen erscheinen die
Fehltritte der Erwachsenen aus seiner unschuldigen und
vorurteilsfreien Perspektive intensiver, schmerzvoller
und unverständlicher, als wenn sie von einem älteren
Erzähler beschrieben und kommentiert worden wären.
Denn Christopher ist ein äußerst genauer, ein mutiger
und vor allem ein liebenswerter Chronist der
Geschehnisse, die durch seine Augen gesehen nicht nur
traurig, sondern auf ganz neue Art und Weise
tragisch-komisch wirken. Das sehen übrigens
auch die Produzenten der „Harry Potter“ - Filme so
und wollen mit Hilfe des Warner Bros Studios „Die
sonderbare Welt des Christopher Boone“ auf die
Kinoleinwände bringen.
Von
Aliki Nassoufis
|