"Wo
bin ich? Was ist das für ein Ort, wo sich Schwimmbäder
in Nationalparks verwandeln? Wo eigene Landsleute uns
der Polizei in die Arme treiben? Wo Spendierdosen hinter
einem >Gott vergelt's< rufen und niemand dir
Arbeit geben will, nur weil du die falschen Schuhe
geschenkt bekommen hast?" Fassungslos über das
Erlebte, zieht der junge Pole Waldemar die Bilanz seines
Ausfluges in den goldenen Westen, der auf einmal nicht
mehr so glänzend als vermeintliches Paradies seiner
Träume erscheint. Und dabei hatte Herr Kuka, der
ältere Nachbar in seiner Heimatstadt Warschau, noch so
geschwärmt und ihm zahlreiche Tipps für den Ausflug in
die unbekannte Welt gegeben.
Waldemar
hätte eigentlich gewarnt sein müssen, als er an einem
lauen Juniabend auf dem Warschauer Busbahnhof nach einem
Fahrzeug der Firma "Dream Travel" Ausschau
hielt, und statt eines bequemen Reisebusses ein Gefährt
erblickte, welches der Länge nach einem
"umgestürzten Kühlschrank ähnelte, dem man auf
die Schnelle vier Räder anmontiert hatte".
Als sich dann kurz vor der österreichischen Grenze die
mitfahrenden Personen als Schmuggler herausstellten, die
eiligst ihre verbotenen Waren vor dem Zoll versteckten,
verlies ihn beinahe der Glaube an die Richtigkeit seiner
Reise.
Der österreichische Autor Radek Knapp gönnt seinem
jungen Romanhelden keine Pause, denn dieser stürzt von
einem Abenteuer zum nächsten. Mit naivem, staunenden
Blick erkundet er die Welt des Westens. Gepaart mit
hintersinnigem Witz offenbart Knapp dem Leser so eine
Sicht auf die spießige Bürgerlichkeit unserer
Gesellschaft, die wir schon verloren glaubten.
Gerade dieser unbefangene Blick auf die Realität,
steigert sich im Laufe der Handlung zu einem
unglaublichen Lesevergnügen, bis Waldemar am
vermeintlichen Ziel seiner Träume angelangt scheint,
der Eroberer einer Frau zu sein. © Torsten Seewitz,
26.06.2001
Weiterhin von Radek Knapp erschienen:
"Franio. Erzählungen" Rowohlt 1996 und Piper
Verlag 2000 |