In der
Schweiz arrivierte sein letzter Roman
"Quatemberkinder" zum Kultbuch und auch der
vorliegende Briefroman "Irinas Buch der
leichtfertigen Liebe" hat beste Aussichten, diesen
Status zu erreichen.
Auf einer Lesereise lernte der Autor die reizvolle
Exilrussin Irina Jurijewna kennen, die ihn, darf man den
als eine Art Vorwort zu verstehenden Brief an seinen
Verleger Glauben schenken, dazu animierte, ihr eine
Geschichte zu versprechen. Seither schreibt er Tag für
Tag einige Seiten, neunzehn Nächte, um genau zu sein,
die er Irina per Fax zukommen lässt. Sie wiederum
bewertet das Geschriebene und entscheidet, wie sich die
Handlung entwickeln soll.
Soweit
der überaus orginelle Einstieg in den ersten
Handlungsstrang.
Etwas komplexer
gestaltet sich hingegen Irinas Roman, einer Geschichte
um Liebe und Eifersucht, Streit und Versöhnung. Was
hier nach großen Gefühlen klingt, die jedem
Groschenroman als Vorlage genügen könnten, entfaltet
sich im Laufe der Handlung als eine bezaubernde
Erzählung um die Liebe im Allgemeinen und die geheimen
Sehnsüchte und Träume, die verletzten Eitelkeiten und
das Wunder der Versöhnung im Besonderen.
Worum geht es nun in Irinas Buch der leichtfertigen
Liebe?
Als die Schwedin Ewa nach einem Ausflug erschöpft nach
Hause kommt, findet sie in ihrem Faxgerät eine
Nachricht einer ihr unbekannten Frau an einen Mann, der
ihr aus ferner Vergangenheit bekannt vorkam.
Diese ihr unbekannte Frau heißt Dunja und lebt in
Paris. Ihren Mann Ira vermissend, schreibt sie ihm lange
sehnsuchtsvolle Liebesbriefe. Dessen Zerstreutheit und
Unvorsichtigkeit
geschuldet, erreichen ihn diese Briefe jedoch nicht,
sondern gelangen an das Faxgerät Ewas, die wiederum
erfreut ob dieser intimen Einblicke in das Lebens ihres
Exgeliebten.
Diese Verwicklungen sind jedoch erst der Anfang. Immer
neue Personen bevölkern Irinas Roman, deren Phantasie
keine Grenzen zu kennen scheint und Tim, der manchmal
auch ungeduldig nachfragende Autor, folgt ihren Gedanken
manchmal missmutig, zumeist aber bereitwillig.
Fast noch amüsanter als die erotischen Verwirrspiele
des Romans im Roman, ist der Fax-Briefwechsel zwischen
dem Autor und der russischen Schönheit Irina. Nur
selten wird die Nachricht des einen vom anderen
kommentarlos hingenommen. So bemängelt Irina nur allzu
gern die Eigenmächtigkeiten ihres
"Ghostwriters" und versucht ihn liebevoll aber
bestimmt an ihre Abmachung zu erinnern.
Dass sich am Ende alles zum Guten wendet, liegt auf der
Hand. Doch hinterlässt Tim Krohns Roman sehr
ambivalentes Gefühl, denn Gewissweit, dass sich all die
Verwicklungen aufgelöst haben, erhält der Leser nicht.
©Torsten Seewitz, 29.09.2002 |