Als der
alternde Cabassac, Professor an der Universität von Avignon,
Julietta zum ersten Mal sah, war es um ihn geschehen. Während
die übrigen Studenten seinen Vorlesungen über die gallo -
romanischen Ursprünge des Provençalischen eher gelangweilt
zuhörten, war sie, die dunkelhaarige Schönheit, eine eifrige
Studentin, die jedes seiner Worte mitzuschreiben schien.
Behutsam entspinnt sich beiden anfangs eine Freundschaft die
von Seiten Cabassacs recht bald einer innigen Liebe wich. Er
holt sie in sein altes Bauernhaus, welches er mit einer Tante
bewohnt und verwöhnt sie übermaßen.
In
ihrer Leidenschaft, den Spuren der ausgestorbenen
provençalischen zu folgen, verlieren sie sich in unbändiger
Leidenschaft. Doch trotz ihres gemeinsamen Glück, blieb
Juliette merkwürdig verschlossen. Irgend etwas schien sie zu
belasten und ihr Gemüt schwermütig zu machen. Erst als sie
ein Kind von Cabassac erwartet, blüht sie auf und schmiedet
gemeinsam mit ihrem Geliebten Pläne für die Zukunft.
Jedoch währt das Glück nur kurze Zeit. Juliette verliert das
Kind und muss mit der traurigen Tatsachen abfinden, nie mehr
Kinder gebären zu können. Ein schwerer Schicksalsschlag, von
dem sie sich nicht mehr erholen sollte. Nur wenige Tage
später stirbt sie.
Nur in seinen Träumen ist Cabassac noch bei. Hier sieht er
ihr zärtliches Antlitz und kann Zweisprache mit ihr halten.
Als er entdeckt, dass diese Träume am intensivsten werden,
wenn er zuvor Trüffel verspeist hat, lässt die Suche nach
dieser schwarzen Kostbarkeit zur Obsession werden. Plötzlich
ist er seiner Frau sehr nahe und kann all das Versäumte ihres
Lebens mit ihr nachholen. Jedoch treibt ihn diese Suche an die
Grenze seines Verstandes. Er verliert nicht nur sich selbst,
sondern auch seine Arbeit und sein Haus mit den riesigen
Ländereien.
Dass die Geschichte nicht in einem Happy End mündet, lässt
sich unschwer erkennen. Dennoch strahlt dieses Buch des
französischen Autor Gustaf Sobin ein wundersame Gelassenheit
und Ruhe aus. Der Fluss der Wörter mündet in beeindruckender
Harmonie und entfesselt eine seltsame Sprachmagie, die den
Leser unweigerlich gefangen nimmt. Meisterhaft poetisch
erzählt Sobin von der Suche nach dem Glück, ohne jemals in
die Untiefen des Seelenkitsches abzugleiten. Stellenweise
erinnert seine Prosa sogar an Bariccos meisterhafte
Erzählung "Seide.
"Der Trüffelsucher" ist eine stille Geschichte, die
den Zauber der Liebe und der betörenden Landschaft der
Provence mit Worten einzufangen vermag. Ein Buch also, welches
man erst aus der hand legen möchte, wenn die letzte Seite
gelesen ist.
© Torsten Seewitz, 27.06.2002 |