Seit
die „Geschichte
eines Deutschen" im Jahr 2000 erschien und
wider Erwarten zum Besteller im Sachbuchbereich
avancierte, steigt unvermindert das Interesse an diesem
überaus erfolgreichen und vor allem kritischen Autor
und Historiker Sebastian Haffner.
Was liegt also näher, als der Versuch, die an Brüchen
reiche und bewegte Lebensgeschichte Sebastian Haffners
zu erzählen.
Dass dieses Vorhaben geglückt ist, beweist die vom
Berliner Journalisten Uwe Soukup geschriebene und im
Herbst 2001 veröffentlichte Biographie „Ich bin nun
mal Deutscher". Dass gerade Soukup diese Aufgabe
übernahm, ist kein Zufall. Aus Begeisterung über
dessen Werk „Der Verrat", gründete er eigens
einen Verlag, um es, da lange Zeit vergriffen, erneut zu
publizieren.
Diese Sympathie des Autors für Haffner merkt man dann
auch der Biographie an, jedoch nicht
unbedingt
zum Nachteil für den kritischen Leser. Diesem nämlich
erschließen sich eine Unmenge an biographischen und
historischern Details. Dabei legte Soukup den
Schwerpunkt weniger auf den Familienmenschen Haffner,
sondern stellt die Darstellung des beruflichen
Werdegangs als Journalist und Historiker in den
Mittelpunkt.
Wenig Neues bietet die Zeit der ersten Lebensjahre, da
sich der Autor vor allem auf die autobiographische „Geschichte
eines Deutschen" stützt. Hingegen gibt es für die
Zeit des englischen Exils eine neue und weitgehend
unbekannte Welt aus Haffners Leben zu entdecken. In
diesen Jahren entschied er sich zum Beispiel seinen
bürgerlichen Namen Raimund Pretzel zu Gunsten des
Pseudonyms Sebastian Haffner abzulegen, um unter diesem
Namen sein Buch „Germany: Jekyll und Hyde" 1940
zu publizieren. Vorrangig wollte er damit seine in
Deutschland gebliebene Familie und Freunde nicht
gefährden. Denn in dieser Publikation versucht er den
Britten zu erklären, weshalb eine Mensch wie Hitler an
die Macht gelangen konnte. Das Buch wird in England und
Amerika ein wahrer Erfolg und begründet sozusagen seine
Karriere als Autor historischer Sachbücher und öffnete
ihm zugleich die Tür in die Pressewelt.
Interessant ist zu lesen, dass Haffner nicht von allen
deutschen Exilanten mit Anerkennung bedacht wurde, vor
allem Sozialdemokraten und Kommunisten mieden ihn wegen
seiner Kritik ihres Verhaltens zur Zeit der Weimarer
Republik. So boykottierten sie zum Beispiel ihre
Mitarbeit an der Emigrantenzeitung „Die Zeitung",
für die Haffner journalistisch in prädestinierter
Stellung tätig war.
Seine spätere Arbeit für den „Observer" bringt
ihn dann nach Kriegsende als Korrespondent zurück nach
Deutschland. Gerade die Schilderungen seiner Zeit im
Nachkriegsdeutschland lesen sich wie eine Chronik der
Politik – und Pressegeschichte der Bundesrepublik in
den vergangenen 50 Jahre. Obgleich diese Zeit für
Haffner die intensivste und erfolgreichste wird, ist sie
doch gekennzeichnet von politischer Zerrissenheit, mal
sympathisierte er mit der SPD, mal mit der CDU. Eine
Situation, der ihm viele Gegner einbrachte, doch
berührte ihn dieser Umstand wenig.
Im Alter zog sich Haffner aus dem öffentlichen Leben
zurück, ohne jedoch seine kritische Haltung zum
politischen Geschehen in Deutschland aufzugeben.
Sein Leben resümierend, lässt Uwe Soukup am Schluss
seiner durchaus gelungenen Biographie Sebastian Haffner
noch einmal zu Wort kommen „Ich bin mit unserer Welt
nicht unzufrieden. Ich möchte eigentlich – trotz der
Unannehmlichkeiten, die es in diesem Jahrhundert weiß
Gott auch gegeben hat – ich möchte eigentlich in
keinem anderen Jahrhundert gelebt haben.".
©Torsten Seewitz, 30.01.2002
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