Es ist ein reizvoller Gedanke, sich vorzustellen, ein Gemälde könnte seine
Geschichte erzählen. Wie viel Schicksalhaftes träte so zu Tage, an dessen
Existenz der Betrachter eines wundervollen Bildes nicht zu denken glaubt.
Die amerikanische Autorin Susan Vreeland wagt den Versuch und nimmt den Leser
mit auf eine lange Reise in die Tiefen der Alltags - und Kunstgeschichte
Europas. Am Beispiel eines fiktiven Gemäldes von Vermeer van Delft schildert
sie in 8 Episoden die verhängnisvolle Geschichte des zauberhaften Bildes
"Mädchen in Hyazinthblau". Doch beginnt sie nicht bei der Erschaffung
des Kunstwerkes durch Vermeer van Delft vor 350 Jahren, sondern in der
Gegenwart.
Ein amerikanischer Kunstprofessor glaubte an einen schlechten Scherz, als ihm
ein Kollege, mit wundersamen Namen Cornelius Engelbrecht, in dessen Wohnung ein
Gemälde präsentierte, welches auf den ersten Blick ein echter Vermeer zu sein
schien, oder aber eine gelungene Fälschung. Und als wäre der unverhoffte
Anblick dieses Gemäldes nicht genug, schildert ihm Engelbrecht im Folgenden die
verhängnisvolle Geschichte, wie seine Familie in Besitz dieses Bildes kam.
Einer Detektivgeschichte gleich nimmt Susan Vreeland die Spur der Eigentümer
des Bildes auf und verfolgte sie durch die Jahrhunderte. Einige Episoden
gelingen ihr hierbei so ergreifend und spannend, dass man sich eine Fortsetzung
wünschte. Doch erzählen die einzelnen Kapitel jeweils eine Etappe in der
wechselvollen Geschichte des "Mädchens in Hyazinthblau".
Vreelands Roman ist ein gelungenes Beispiel für wunderbar erzählte
Kunst- und Alltagsgeschichte, deren Protagonisten vor allem durch ihre
nuancierte Charakterisierung im Gedächtnis des Lesers bleiben. ©Torsten
Seewitz, 29.12.2000 |