Als
Stefan Heym im Dezember 2001 unerwartet in Israel starb,
lag das Manuskript seines nunmehr letzten Buches bereits
bei seinem Hausverlag C. Bertelsmann vor. Wie bereits in
„Immer sind die Weiber weg“, einer Sammlung
autobiografischer Geschichten, die Heym als Geschenke für
seine Frau geschrieben hatte, erzählt er in „Immer
sind die Männer schuld“ auf gleiche unübertreffliche,
anrührende Weise von den Fallstricken der Liebe, der
Ehe und des Alters.
Voller Altersweisheit und grenzenloser Zuneigung für
„sein Weib“ schreibt Heym von seinen Altersmacken,
die sich schon einmal in mangelndem Ordnungs- und
Orientierungssinn oder fehlendem Technikverständnis äußern
können. Immer mit einem Augenzwinkern, in der Diktion
jiddischer Erzähltradition, breitet er seine private
Welt vor dem Leser aus.
Sicherlich sah der Alltag der Heyms nicht immer so
freundlich kontrovers aus, doch spielen sich die hier
beschriebenen „Ehedramen“ wohl in vielen Familien ähnlich
ab. Zumeist ist der Ehemann der Unterlegene, der den
Ansprüchen der Angetrauten nur selten genügt. Und
dennoch gibt es das Verbindende, die Liebe und Zuneigung
füreinander.
Gerade diese Ambivalenz, die sich durch die zumeist
unterschiedlichen Ansprüchen an Partnerschaft und
Alltag begründet, versteht Heym vortrefflich
darzustellen. So in der titelgebenden Erzählung, in der
sich Heym der permanenten Kritik seiner Frau ausgesetzt
sieht, da er ihren Ambitionen nach Ordnung nicht genügt.
So stören die Krümel des Frühstücksbrötchens auf
dem teuren Teppich oder die mit allerlei Dingen überfüllten
Hosentaschen, die das Beinkleid zum Herunterrutschen
bringen.
In anderen Situationen kämpft das Ehepaar mit den Tücken
eines Navigationssystems, den Verwirrungen des Großstadtverkehrs
in Boiberik oder wartet gemeinsam auf den Kometen
„Hale Bopp“.
Allen Geschichten ist gemein, dass sie trotz ihrer
Konfliktreiche und wortreichen Gefechte versöhnlich, ja
mit nahezu zärtlichen Worten für sein „Weib“
enden.
Die für die vorliegende Hörbuchfassung getroffene
Wahl, Gustl Weishappel als Vorleser zu engagieren,
erweist sich als wahrer Glücksgriff, denn er versteht
es grandios, die Geschichten mit dem Heym'schen Wortwitz
und Hintersinn vorzutragen. Manchmal meint man, den
Autor selbst zu hören oder ihn rezitierend vor sich zu
sehen.
Ungewollt ist dieses Hörbuch eine Art Vermächtnis
geworden, eine wunderbare Reminiszenz an einen der
bedeutendsten deutschen Autoren des 20. Jahrhunderts.
Torsten Seewitz, 16.12.2003 |