Es
gehört wohl zu den größten Verdiensten Loriots, daß
er mit dem ihm eigenen subtilen Humor die Spießigkeit
des deutschen Kleinbürgers entlarvt. Ohne laut zu
tönen oder ins Vulgäre abzugleiten, wie es für viele
deutsche Komiker heutzutage zum Standard ihres
Repertoires gehört, gelingt es Loriot seit Jahrzehnten
in seinen Cartoons oder Sketchen auf äußerst
beeindruckende und nachhaltige Weise unserem an Phrasen
und situativer Komik reichem Leben den Spiegel
vorzuhalten. Sicherlich nicht zur Freude aller, doch
wohl einer großen Mehrheit, die seine
Knollennasenmännchen und Figuren seiner Sketche und
Filme in ihr Herz geschlossen haben.
Am 12. November nun feiert Loriot, der mit bürgerlichem
Namen Bernhard-Victor Christoph-Karl von Bülow heißt,
seinen 80. Geburtstag. Aus diesem Anlass hat die
Deutsche Grammophon seine "Gesammelten Werke"
als Sammlung von 6 CDs herausgegeben. Neben den
Produktionen "Heile Welt" aus dem Jahr 1978,
"Dramatische Werke" (1981) und
"Liebesbriefe" (1984) werden hier erstmals
seine "Festreden" aus dem Jahr 1983 auf CD
veröffentlicht. Zu den Höhepunkten der Sammlung
gehören vor allem Loriots Interpretationen des
"Ringes der Nibelungen" von Richard Wagner,
"Peter und der Wolf" von Sergej Prokowjew und
des "Karnevals der Tiere" von Camille
Saint-Sains.
Man kann sich an den skurrilen Dialogen seiner
"Dramatischen Werke" gar nicht satt hören, so
zeitlos ist sein Humor, der vor allem die
zwischenmenschliche Situationskomik bevorzugt. Erinnert
sei nur an den unübertrefflichen Dialog in "Das
Ei", in welchem der Hausherr feststellt, dass das
Frühstücksei hart sei und sich im Folgenden ein
Wortwechsel zwischen den Ehepartnern entspinnt, der
seinesgleichen sucht.
Eine Vorliebe hat Loriot für das schwierige Verhältnis
von Mann und Frau, vor allem in der bürgerlichen
Institution Ehe, entwickelt. Seine Erkenntnis über
diese Form des menschlichen Zusammenlebens kann dann
auch schon einmal in der Feststellung münden, dass
Männer und Frauen einfach nicht zusammenpassen.
Als ungemeiner Glücksgriff für die schauspielerische
Umsetzung seiner Dialogszenen hat sich die
Zusammenarbeit mit Evelyn Hamann erwiesen. Treffender
hätte er den weiblichen Widerpart seiner Dialoge nicht
besetzten können, da gerade sie über eine
beeindruckende Wandlungsfähigkeit ihrer Mimik und
Gestik verfügt, die den "Dramatischen Werken"
das i-Tüpfelchen zur Vollendung aufsetzten. Zwar
ermöglicht die vorliegenden Hörbuch-Ausgabe nur einen
akustischen Eindruck, jedoch erfolgt die dramaturgische
Umsetzung der Sketche so gekonnt, dass beim Hören
mühelos auch ein visueller Eindruck vor dem geistigen
Auge entsteht.
Es ist zwar anzunehmen, dass der wahre Loriot-Fan
bereits die komplette Sammlung seiner "Dramatischen
Werke" sein Eigen nennen darf, doch bietet gerade
die vorliegende Ausgabe einen kompletten Überblick
über Loriots akustisches Werk. Zudem ist diese Ausgabe
der Deutschen Grammophon schön gestaltet und mit einem
informativen Booklet ausgestattet. ©Torsten Seewitz,
10.11.2003 |